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Winterstürme helfen der Ostsee

Die Ostsee ist ein Randmeer, dass nur über wenige flache Schwellen eine Verbindung zum östlichen Atlantik besitzt. Dadurch ist nicht nur der Salzgehalt des Binnenmeeres deutlich geringer als im freien Ozean, sondern insbesondere die tieferen Gebiete im Bereich der zentralen Ostsee leiden oft unter akutem Sauerstoffmangel. Die Versorgung mit dem für das marine Ökosystem lebenswichtigen Sauerstoff kann nur durch Zufuhr von salzreichem Wasser sichergestellt werden, was überwiegend bei winterlichen Starkwindlagen über die Schwellen zwischen den dänischen Inseln gedrückt wird. Nach Beobachtungen von Wissenschaftlern des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel ist ein signifikanter Salzwassereinstrom derzeit in Gange. Es wäre das erste große Ereignis seit mehr als zehn Jahren.

Kräftiger Einstrom
„In der Folge der Sturmtiefs Alexandra, Billie und Doris kam es zu einem kräftigen Einstrom in die Ostsee“, berichtet Dr. Andreas Lehmann vom GEOMAR. Der Ozeanograph beobachtet die seit Tagen ansteigenden Salzgehalte im Bereich der Darßer Schwelle. „Bis zum 3. Dezember herrschte dort Ausstrom vor. Die gesamte Wassersäule hatte einen annähernd konstanten Salzgehalt von circa acht Promille“, so Lehmann. In der Folge nahmen die Oberflächensalzgehalte bis ca. 17,5 Promille zu. „Die Fähre MS Finnmaid registrierte am 14. Dezember an der Darßer Schwelle etwas südlich der Messstation sogar mehr als 20 Promille Salzgehalt. Das ist schon sehr ungewöhnlich“, erläutert Dr. Lehmann.

Starke Westwinde sorgten für hohen Wasserstand im Kattegat
Im November diesen Jahres herrschten noch überwiegend Ost- bzw. Südostwindlagen über der westlichen Ostsee, die zu einem Ausstrom und Absinken des mittleren Ostseewasserstandes führten. Für einen großen Einstrom von salzreichem Kattegatwasser sind neben eines niedrigen mittleren Ostseewasserstandes besondere kräftige Westwindlagen notwendig. Die entwickelten sich ab Anfang Dezember. Zunächst zog am 8. Dezember das Tief „Alexandra“ von Grönland südlich an Island vorbei vor die Küste von Norwegen. Bereits am 10. Dezember lag die Ostsee im Einflussgebiet des Sturmtiefs. Zwei Tage später folgte dann das Sturmtief „Billie“ mit einer Zugbahn über Norddeutschland, Südschweden und Finnland. Als Dritte im Bunde löste „Doris“ im folgenden „Alexandra“ ab, dass nach Norden abgewandert war. Durch diese Wetterlage kam es zu kräftigen Westwinden über der Nordsee und dem Skagerrak/Kattegat und Süd- bzw. Südwestwinden über der zentralen Ostsee. Dies führte zu hohem Wasserstand im Kattegat und extrem niedrigen Wasserstand in der westlichen Ostsee. Durch die Wasserstandsdifferenz entstehen starke Strömungen von mehr als 1 m/s mit denen das salzreiche Kattegatwasser in die Ostsee einströmt. „Seit Anfang Dezember sind schätzungsweise mehr als 170 Kubikkilometer Wasser eingeströmt. Dies entspricht circa 40 Prozent des mittleren gesamten Flusswassereintrags in die Ostsee eines Jahres“, so Dr. Lehmann. Die Wissenschaftler beobachten das aktuelle Ereignis weiter. Messungen in der tiefen Ostsee werden im nächsten Jahr zeigen, inwieweit die Atemhilfe durch die Stürme erfolgreich war.