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MSC bezieht Stellung!

Am Mittwoch den 12. August 2015 veröffentlichten wir eine Reportage über Europas Hauptumschlagplatz für Haiflossen. Sharkproject war in der spanischen Stadt Vigo undercover unterwegs und konnte belegen, dass dort jeden Tag vornehmlich Blauhaie aus den Azoren/Portugal angelandet werden. In einem Interview mit Friederike Kremer-Obrock, Präsidentin von Sharkproject Deutschland, berichtete sie davon, dass einige Haifang-Firmen aus Vigo das MSC-Siegel (Marine Stewardship Council) beantragt hätten und übt heftige Kritik an dem Siegel, das eigentlich für nachhaltige und umweltbewusste Fischerei steht.

Hier ein Ausschnitt aus dem Interview:

Friederike Kremer-Obrock ist Präsidentin von Sharkproject Germany und steht dem MSC-Siegel kritisch gegenüber

TAUCHEN: Die Haifang-Firmen aus Vigo haben tatsächlich das MSC-Siegel beantragt. Warum? Glauben Sie daran, dass sie es bekommen?

Friederike Kremer-Obrock: Bei dem MSC-Siegel glaube ich an gar nichts mehr. Schließlich hat die kanadische Dornhai-Fischerei auch das MSC-Siegel bekommen. Schon verrückt, es gab somit MSC zertifiziere Haiflossen als Export nach Asien. . . . 
Das MSC braucht nun für die Prüfung ein dreiviertel Jahr, dann wird das Ergebnis feststehen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass wenn die Kriterien wie Überwachungskameras beim Fangeinholen und einige andere Kriterien erfüllt werden, diese Flotte durchaus das MSC Siegel bekommen wird. Das ist der Grund warum ich nichts mehr auf das MSC-Siegel gebe. Schauen wir doch mal ganz sachlich in die Kühltheken unsere Supermärkte, in manchem Discounter sind bis zu 90 Prozent der Fischprodukte MSC zertifiziert. Es sind mittlerweile solche Massen an MSC zertifiziertem Fisch auf dem Markt, das soll nachhaltig sein? Wir müssen endlich begreifen, dass Fisch kein Massenprodukt sein darf, das ich in viereckiger, panierter Form jeden dritten Tag meinen Kindern zu essen gebe. Fisch muss ein Luxusgut werden. . . .

Katharina Bunk ist Pressesprecherin des MSC

Katharina Bunk, Pressesprecherin des MSC, hat sich zu Wort gemeldet und den Beitrag von Frau Kremer-Obrock kommentiert. Hier kommt ihre Antwort:

Wie zu erwarten war, stimmen wir bezüglich des MSC-Siegels nicht auf ganzer Linie mit den Aussagen von Frau Kremer-Obrock überein. Prinzipiell aber haben wir alle dasselbe Ziel: intakte Meere und ein Ende der Überfischung.

Wir stimmen Frau Kremer-Obrock zu, dass Fisch und Fleisch keine Massenprodukte sein dürfen und bewusst genossen werden sollten! Und wir finden auch Vegetarier, Veganer und Nichtfischesser super. Ein solches ‚Konsumverhalten‘ ist auf jeden Fall ein Beitrag zur Lösung des Problems Überfischung, die Aufklärungsarbeit von Umweltorganisationen sowie das MSC-Programm sind weitere. Verbote und Verzicht werden selten hochgeschätzt, deshalb sagen wir: wenn Fisch, dann nachhaltig! Mit dem MSC-Siegel geben wir den Menschen, die ganz gerne mal Fisch essen, eine unkomplizierte Lösung an die Hand. Daher finden wir auch das Angebot von Fisch aus nachhaltigen Quellen in Discountern zielführend. So gut wie alle deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher kaufen laut diverser Studien gelegentlich oder regelmäßig im Discounter ein. Es wäre eine verpasste Chance, diesen wichtigen Vertriebszweig prinzipiell auszuschließen. Mithilfe unseres Zertifizierungsprogramms für Fisch aus nachhaltiger Fischerei, wollen wir die Fischereiindustrie in nachhaltige Bahnen lenken und damit die Gesundheit unserer Meere und Fischbestände bewahren. Ein wichtiger Ansatz bei diesem Ziel ist es, einen Markt, also Abnehmer für Produkte aus nachhaltiger Fischerei zu schaffen. Je größer die Nachfrage desto größer die Motivation für Fischereien, sich nach dem MSC-Fischereistandard zertifizieren zu lassen und nachhaltig zu arbeiten.

Wofür steht das MSC-Siegel? Teil 1

Frau Kremer-Obrock hat auch Recht, wenn sie sagt, dass man das MSC-Siegel hierzulande auf sehr vielen Packungen findet. Denn: Deutschland ist erfreulicherweise absoluter Spitzenreiter, wenn es um Fischprodukte aus MSC-zertifizierter nachhaltiger Fischerei geht. Das hat unterschiedliche Gründe: zum einen ist dies im Konsumverhalten für Fisch und Meeresfrüchte der deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher begründet. Die Deutschen mögen gerne weißfleischigen Fisch und rund 75 Prozent des Fischkonsums entfallen auf nur wenige verschiedene Arten. Hinzu kommt, dass die Lieblingsspeisefische der Deutschen in großen Mengen zertifiziert verfügbar sind: Alaska-Seelachs ist beispielsweise die größte Fischerei im MSC-Programm und auch Hering ist in großen Mengen zertifiziert, was natürlich das Angebot von MSC-zertifizierten Produkten für den Handel erleichtert. Zum anderen sind Umweltorganisationen wie WWF, Greenpeace und Sharkproject in Deutschland schon lange sehr aktiv in ihrer Aufklärungsarbeit und halten Verbraucherinnen und Verbraucher kontinuierlich zu einem bewussten und nachhaltigen Fischkonsum an und arbeiten u.a. auch mit dem Handel zusammen, um Unternehmen bei der Umstellung ihres Fischsortiments zu unterstützen. Nicht zuletzt sind Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland generell recht offen für Umweltthemen, Umweltsiegel und einen bewussten Konsum.“