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Killerhaie oder doch nur unglückliche Zufälle?

shutterstock (2), Sharkproject (1)

In den letzten Wochen erschienen immer mehr Medienberichte zu den aktuellen Haiangriffen in Ägypten. Einige eher reißerisch als informativ. Wie kam es wirklich zu diesen Angriffen und was sagen die Hai-Experten dazu? 

Zunächst einmal muss ganz klar gesagt werden, dass es einfach zu wenig wissenschaftlich fundierte Belege für Haiangriffe gibt. Da sie einfach sehr selten passieren. Dr. Samuel Gruber hat sich 2013 auf der BOOT Düsseldorf schon einmal zu dem Thema geäußert und diese Aussage bringt es wohl auf den Punkt: »Kein Wissenschaftler auf dieser Welt kann die Ursache eines Haiunfalls beurteilen. Es gibt einfach viel zu wenige Unfälle und zu viele unterschiedliche Einflussfaktoren.« Doch wie der Mensch nun einmal ist, versucht er, alles zu erklären. Denn nur das Unbekannte und Unerklärliche macht einem Angst. 

Faktencheck

Alle Fakten, die wir sicher wissen, sind, dass es sich um zwei tödliche Haiangriffe in Hurghada, Ägypten handelt. Doch weder die Haiart noch die Anzahl der Haie sind bekannt. Hierzu gibt es mehrere Theorien, aber keine ist belegt. Deswegen haben wir die Meinungen von Experten zusammengetragen, um zumindest der Ursache für die Haiangriffe auf den Grund zu gehen. 

Dr. Samuel Gruber als Gast auf der BOOT 2013 auf Einladung von Sharkproject.

Abfälle können Haie anlocken

Das Magazin Duiken hat sich mit dem Tauchschulbesitzer Peter Overeem vom PADI 5* IDC Center Voodoo Divers in Hurgada, Ägypten unterhalten. Dieser berichtete, dass das Verhalten der Haie durchaus unnatürlich sei und dass in den meisten Fällen, das Verhalten der Tiere durch menschliche Einflüsse verändert wurde. Dies könnte unter anderem durch Fütterung, das Einbringen von Abfällen und der Überfischung der Jagdgebiete geschehen sein.

Doch die Wahrscheinlichkeit beim Tauchen in Hurghada auf Haie zu treffen sei eher selten. Overeem begründet dies damit, dass Haie tiefere Gewässer bevorzugen, in denen die Temperaturen kühler sind. Zu bestimmten Zeiten des Jahres gäbe es wohl einige Stellen, an denen regelmäßig junge Weißspitzenhaie gesehen werden, bevor sie in tiefere Gewässer schwimmen. Er habe auch gelegentlich Walhaie gesehen, aber auch diese seien für Menschen nicht gefährlich.

Ursache der allermeisten Todesfälle

Der Experte Gerhard Wegner äußerte sich ebenfalls zu den Haiangriffen. Wegner sagt, dass Futter mit hoher Wahrscheinlichkeit der Grund dafür war, warum sich die Haie am Badestrand aufgehalten haben. Ungeklärt sei jedoch, ob es sich dabei um direktes oder indirektes Futter gehandelt habe. Mit direktem Futter sind Fischschwärme gemeint und mit indirektem z.B. Abfälle. Es ist erwiesen, dass Abfälle von Schiffen, Haie aus großer Entfernung anlocken können. Sie folgen deshalb auch oft Hochseeschiffen und sind auch in der Nähe von fahrenden oder ankernden Safaribooten anzutreffen. Wegner betont, dass eine Begegnung zwischen Hai und Mensch zunächst einmal nicht gefährlich sei. Doch wie kommt es dann in Einzelfällen zu Haiangriffen. Wegner und die Experten aus dem Buch »Blind Dates« sind sich hierbei einig. Es gäbe dafür drei Motivationen:

  1. Jagd-Biss: Hier wird Beute, die als solche erkannt ist, sofort und schnell attackiert.
  2. Sondierungs-Biss: Damit ist der sogenannte Testbiss gemeint, bei der potenziellen Beute zunächst untersucht wird. Die Sekundärwunden eines solchen Bisses sind im Übrigen die häufigsten Verletzungen bei Haibegegnungen.
  3. Stress-Biss: Die Tiere wehren sich bei Bedrohung oder unter Stress.

Nach Wegner könnte man bei diesen beiden Todesfällen den Jadg-Biss ausschließen. Er erklärt sich das Ganze so: »Der Hai wird neugierig und kommt nachschauen (Sondierungsverhalten). Hier bleibt er zunächst noch sehr vorsichtig. Nur wenn weitere ‚Beweise‘ für potenzielle Beute vorliegen, wird er sich trauen, näher zu kommen. Und wenn der Schwimmer dann weiter Geräusche verursacht, die auch von einem verletzten Fisch stammen können oder wenn er beim Bemerken des Hais plötzlich hektisch wird und versucht panisch ans Ufer zu flüchten, wird das seine Vorsicht überwinden. Im Endeffekt kann es dabei zu einem Test-Biss kommen. Wehrt sich der Schwimmer jetzt durch Schlagen oder Treten, können in dieser Situation sogar noch Stress-Bisse ausgelöst werden.«

Festzuhalten sei also, dass es sich dabei nicht um Killerhaie gehandelt hat, sondern um zwei sehr unglückliche Unfälle. 

Hollywood hat aus dem Weißen Hai einen Killerhai gemacht.

Wie verhält man sich richtig bei einer Haibegegnung?

Laut den Experten von Blind Dates sollte man sich folgendermaßen verhalten:

  • Ruhig und besonnen bleiben.
  • Das Tier im Auge behalten und langsam zum Ufer schwimmen.
  • Mitdrehen, wenn der Hai zu kreisen beginnt. Empfehlenswert ist auf jeden Fall zum Schwimmen eine Schwimmbrille zu tragen, um auch unter Wasser sehen zu können.
  • Wichtig: Keine panischen Reaktionen, wie z.B. hektische Schwimmbewegungen.
  • Es gibt Ratschläge, sich vertikal im Wasser aufzustellen, um den Hai zu verwirren das macht Sinn, aber nur, wenn das Tier an der Oberfläche ist.
  • Falls der Hai zu nahekommt, auf keinen Fall nach ihm schlagen. Falls extrem nahe ist, das Tier notfalls wegdrücken. Nur oberhalb der Schnauze anfassen oder seitlich vor oder nach den Kiemenspalten.

Eine ausführliche Erläuterung und Einordnung der Ereignisse folgt in den nächsten Wochen, in einem Interview mit dem Hai-Experten Lukas Müller.