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Neue Erkenntnisse zum Tauchunfall in Südafrika

Tauchunfall in Südafrika: Sandtigerhai in einer Höhle am Tauchplatz Aliwal Shoal in unmittelbarer Nähe von Protea Banks.
von Timo Dersch und Sascha Tegtmeyer

Medien in Deutschland, Österreich, Südafrika – auch das Team von Tauchen Online – hatten von einem vermeintlichen Haiangriff durch einen Tigerhai auf einen Taucher berichtet. Mittlerweile gibt es jedoch neue Erkenntnisse zu dem Vorfall. TAUCHEN erhielt eine Stellungnahme von Haiforscher Dr. Erich Ritter, der Teile des Leichnams vor Ort untersucht hat. Außerdem haben wir am Telefon mit einer Taucherin gesprochen, die ebenfalls mit der Tauchgruppe unterwegs war. Dr. Ritter betont, dass nach seinem aktuellen Erkenntnisstand der Hai den Taucher nicht angegriffen hat. Haie – und somit auch Tigerhaie – greifen so gut wie nie Taucher von sich aus an. Bekanntgeworden sind bislang nur Unfälle mit Surfern oder Schnorchlern – die von Experten als sogenannte Probebisse betitelt werden. Der betroffene Taucher hatte schon bei anderen Tauchgängen Probleme und war alleine aufgetaucht. Deshalb vermutet der Experte, dass der Taucher bereits vor den Haibissen leblos war.

Auch die Tauchgruppe vermutet, dass der Taucher aufgrund eines taucherischen Fehlverhaltens oder seines gesundheitlichen Zustandes verunglückt ist. Im Interview erzählt eine Taucherin der Gruppe, wie der Mann bereits in den Tagen zuvor große Probleme beim Tauchen hatte. Bereits am ersten Tag soll er aus 40 Meter Tiefe an die Oberfläche geschossen sein, da er sein Jacket nicht richtig bedienen konnte. Die Taucherin, die lieber anonym bleiben möchte, betont, dass es ihr nicht darum ginge den Verunglückten anzukreiden, sondern zu vermeiden, dass Haie als skrupellose Tötungsmaschinen dargestellt werden, die Taucher anfallen.

Statement von Haiforscher Erich Ritter zum Tauchunfall in Südafrika

„Die Tauchgruppe führte gemeinsam einen Rifftauchgang durch, den sie vorher bereits einige Male gemacht hatten und jeder kannte das Tauchprofil. Der Verunfallte war noch bei der Gruppe als der Aufstieg begann. Da die Gruppe durch eine sehr trüber Schicht auftauchen musste und die Sicht entsprechend sehr schlecht war, orientierten sich die Taucher am Tauchlehrer. Als man dann oben ankam wurde sofort realisiert, dass der Verunfallte nicht mehr bei der Gruppe war und eine Suche wurde sofort veranlasst, die von mehreren Booten unterstützt wurde. Man nahm zuerst an, dass er alleine auftauchte, was er zuvor schon bei anderen Tauchgängen gemacht hatte, aber dann abgetrieben wurde. Als man realisierte, dass dies nicht der Fall gewesen ist, wurden neue Tauchflaschen angefordert und unter Wasser nach ihm gesucht. Er wurde einige Stunden später von Helfern gefunden. Der Verunfallte hatte an seinem Körper Haibisse. Der Leichnam wurde von mir am folgenden Tag im Gerichtsmedizinischen gesehen und untersucht. Obwohl die offiziellen Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, ist es meine Ueberzeugung, dass der Verunfallte ertrunken ist und der Hai ihn danach gebissen hat. Die Wunden sind sehr ähnlich gegenüber anderen Unfällen mit Tauchern, die ebenfalls zuerst ertrunken waren. Dass ertrunkene Menschen relativ rasch nach ihrem Versterben gebissen werden, ist keine Seltenheit. Ob der Verunfallte einen Schlaganfall, einen Herzinfarkt oder etwas ähnliches erlitten hat, kann nicht gesagt werden. Der involvierte Hai scheint ein relativ grosser Tigerhai gewesen zu sein. Die schlussendliche Grösse des Hais kann ich erst rekonstruieren, wenn ich wieder im Office/Labor bin“, so Dr. Erich Ritter.