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So reagieren Inseln auf den Meeresspiegelanstieg

Der Meeresspiegel steigt unaufhaltsam – im Schnitt 3,3 Millimeter im Jahr. Ein großes Problem für flache Riffinseln wie die Malediven oder die Marshall-Inseln. Manche Zukunftsszenarien sagen sogar den Untergang der Inselstaaten und ihrer Kulturen voraus. Aber inwieweit machen sich die Folgen des Meeresspiegelanstiegs bereits heute auf den Riffinseln bemerkbar? Forscher des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenökologie (ZMT) konnten diese Frage jetzt für das Takuu-Atoll, eine Inselgruppe im Pazifik nordöstlich von Papa-Neuguinea, beantworten. Die Ergebnisse ihrer Arbeit wurden kürzlich im Fachjournal „Geomorphology“ publiziert.

Riffinseln gehören zu den Landformen, die am stärksten vom Anstieg des Meeresspiegels bedroht sind. Die Inselgruppe des Takuu-Atoll soll laut der Forscher schon innerhalb der nächsten Jahrzehnte nicht mehr bewohnbar sein. Die Regierung soll bereits Pläne vorbereitet haben, um die Bevölkerung des Atolls als sogenannte „Klimaflüchtlinge“ umzusiedeln.

Bisher gibt es jedoch nur wenige Studien zu den sichtbaren Auswirkungen des Klimawandels auf Riffinseln. Anhand von Luftaufnahmen aus dem Zweiten Weltkrieg und einem umfangreichen Datensatz an Satellitenbildern hat der ZMT-Geologe Dr. Thomas Mann jetzt erstmals die Veränderungen der Vegetationsfläche und Küstenlinie des Takuu-Atolls seit 1943 untersucht. „Die Ergebnisse haben uns sehr erstaunt“, berichtet der Geologe. „Obwohl der Anstieg des Meeresspiegels bereits vor rund 100 Jahren begann und seit den 1990er Jahren noch deutlich schneller verläuft, hat sich die Vegetationsfläche der Takuu-Inseln zwischen 1943 und 2012 insgesamt sogar um drei Prozent vergrößert“.

Zwar ist seit 2008 ein rückläufiger Trend zu verzeichnen. Der Flächenverlust verlief jedoch zu abrupt, um ihn auf den Meeresspiegelanstieg zurückführen zu können. Die Erosion setzte direkt nach einer Sturmflut ein, die weite Teile der Inselküsten abtrug und zum Schreckensszenario der untergehenden Inseln beitrug. „Nach solchen Klimaereignissen erholen sich die Inseln jedoch meist wieder, wenn auch nur sehr langsam. Unsere Daten zeigen, dass die Wiederherstellung der Inselfläche bereits wenige Jahre nach der Sturmflut begonnen hat“, so der Geologe.

Zum Bild des untergehenden Takuu-Atolls trugen auch Veränderungen der Strände bei. Allerdings nahm die Strandfläche wiederum nur bei einigen Inseln ab. Auf diesen wurden große Mengen an Strandsand von den Bewohnern abgetragen und für Warften verwendet, da es auf Takuu Brauch ist, die Häuser der Dorfältesten erhöht zu bauen. Außerdem hatten die Bewohner zum Schutz vor Sturmfluten auf der Hauptinsel Nukutoa einen Schutzwall gebaut. Statt sanft auf dem seicht abfallenden Ufer abzurollen, treffen nun die Wellen mit Wucht auf den Wall, wirbeln den Strandsand auf und reißen ihn mit sich zurück ins Meer.

„Unsere Daten lassen keine Rückschlüsse darauf zu, dass sich der Anstieg des Meeresspiegels bei den Takuu-Inseln in den letzten 70 Jahren negativ bemerkbar gemacht hat“, fasst Thomas Mann seine Untersuchungen zusammen. Auch seien Koralleninseln dem Meeresspiegelanstieg nicht hilflos ausgeliefert. „Die Inseln sind gesäumt von lebenden Korallen, die sich sozusagen in einem Wettlauf mit dem Meeresspiegel befinden. Korallen können bis zu 20 Zentimeter pro Jahr in die Höhe wachsen, ganze Korallenriffe immerhin noch etwa acht Millimeter im Jahr, also durchaus schneller als der derzeitige Meeresspiegelanstieg.“ Allerdings kann ein Korallenriff nur dann mithalten, wenn es in gesundem Zustand ist und nicht durch Verschmutzung, erhöhte Wassertemperaturen oder zerstörerische Fischereimethoden beeinträchtigt wird. „Die Gesundheit der Korallenriffe ist also ein entscheidendes Kriterium für die zukünftige Stabilität von Atollinseln“, so Dr. Mann.
Weitere Infos auf www.leibniz-zmt.de