Ein Mann mit Biss – Hai-Kiefer-Restaurator Simon De Marchi
Scharfe Zähne, mächtige Kiefer und viel Fingerspitzengefühl – das alles gehört zum Arbeitsalltag von Simon De Marchi. TAUCHEN-Autor Christian Kemper hat den Restaurator von Hai-Gebissen besucht.
Eines fällt einem sofort auf, wenn man in die Wohnung von Simon De Marchi kommt: Es ist sauber und sehr ordentlich. Der Duft einer Karamellkerze liegt in der Luft, klassische dunkle Holzmöbel stehen im Wohnzimmer und eine riesige abstrakte Malerei füllt die Lounge aus. Es ist ein stilvolles Haus, das zum Verweilen einlädt. Schon möchte man sich mit seinem Longdrink in der Hand in einen der Sessel fallen lassen, da fällt der Blick auf die massiven Kiefer eines Weißen Hais, und man verschüttet bei dem ungewöhnlichen Anblick vor Schreck fast seine Eiswürfel. Da steht dieses riesige Gebiss also und grinst einen an – mit einem „Killer smile“ das Jack Nicholson neidisch machen würde. Es hat einen vollen Satz gezackter Zähne und steht auf einer Küchenbank neben der Kaffeemaschine. Daneben steht der etwas kleinere Kiefer eines Mako-Hais. Er wirkt gleichermaßen bedrohlich, hat aber schlanke, spitze Zähne, die wie Greifzangen nach hinten gerichtet sind.
Es ist ein seltsames Dekorationsobjekt in einem sonst so gemütlichen Haus. Aber Simon De Marchi ist kein Haijäger, wie man vielleicht vermuten könnte, und auch kein Angler, der seine Trophäen ausstellt. De Marchi ist seit über 30 Jahren Restaurator von Hai-Kiefern. Diese beiden aktuellen Kiefer in seinem Wohnzimmer wurden in der hintersten Ecke von jemandes Garage gefunden, der De Marchi den Auftrag erteilte, sie zum Aufhängen wiederherzustellen. „Jeder Kiefer, an dem ich arbeite, ist einzigartig. Egal, welche Größe, Form oder Hai-Art – die Herausforderung ist, ihm wieder seine frühere Form zu verleihen. Ich habe viele Kiefer gesehen, braune, schmutzige und mit fehlenden Zähnen. Die Leute haben sich einfach nicht darum gekümmert, und für mich bedeutet das, dass sie diese großartigen Tiere nicht genügend gewürdigt haben.“

Foto: C. Kemper. Die Kiefer erhält De Marchi von Fischern, Sammlern, einige sind aber auch einfach Garagenfunde.
Haie sind bereits seit frühester Kindheit seine große Leidenschaft. Die Faszination wächst, als seine Familie nach Australien zieht und er im Alter von 13 Jahren einen toten Hai am Strand findet. „Ich ging am Strand in Sydney spazieren und fand einen kürzlich verendeten Mako-Hai, etwa anderthalb Meter lang. Ich nahm ihn mit nach Hause und zerlegte ihn dort vollständig. Ich hatte die Kiefer dann jahrelang in meinem Zimmer und war begeistert von den Zähnen und stellte mir vor, wie alles funktionierte. Das gereinigte Gebiss sah toll aus und faszinierte meine Mitmenschen. So sprach es sich herum, und schließlich bekam ich auch Hai-Kiefer und Hai-Zähne von anderen Leuten, um sie wiederherzustellen und zu reinigen.“
EIN ANRÜCHIGES GESCHÄFT
Nach dem Betreten seiner Garage in Sydney schließt De Marchi die Rolltür, um „die Aufmerksamkeit der Nachbarn zu vermeiden“ und den fischigen Gestank zu minimieren, der sonst sofort auf Passanten vor dem Haus trifft. „Ich rieche das einfach nicht mehr“, sagt er schulterzuckend. Auf einem dreistöckigen Regal stehen mehr als ein Dutzend Kiefer von Weißen Haien, die dort unter einem Luftbefeuchter getrocknet werden. Der größte Kiefer, an dem er gerade arbeitet, gehörte einem Weißen Hai, der über sechs Meter maß! Ein wahrer Gigant. Daneben gibt es eine Sammlung von Mako-Kiefern, weitere Weißhai- und Tigerhai-Kiefer, sowie andere kleinere Arten – alle mit verschieden geformten Zähnen. Diese Kiefer sind bereits dem Ende eines Prozesses nahe, der Monate dauern kann. „Oft muss ich Zähne ersetzen, weil sie abgebrochen oder gar nicht mehr vorhanden sind. Die richtigen Zähne zu finden und einzusetzen, gleicht einem schwierigen Puzzle“, erklärt De Marchi.
Foto: C. Kemper. Die Restauration der Kiefer ist arbeitsintensiv, leistet aber einen wichtigen Beitrag für die Haiforschung.
Analysen für die Wissenschaft

So wie sich die Beute der jeweiligen Haiarten unterscheidet, müssen auch ihre Zähne unterschiedliche Beschaffenheiten aufweisen.
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Die Frage aus der Headline wird leider nicht aufgelöst.. Für mich liest sich der Artikel eher wie eine Pressemeldung, aber wo denn nun die Unterschiede […]