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6 englische Kanonen vor Helgoland

Vor Helgoland entdeckten Taucher 16 britische Kanonen aus der Zeit um 1800. Neue Analysen widerlegen die Verbindung zur „HMS Explosion“ – vermutlich wurden die Geschütze beim britischen Abzug 1890 gezielt versenkt.

Dr. Florian Huber

Text: Dr. Florian Huber |

Vor Helgoland haben Forschungstaucher der Firma Submaris im Sommer insgesamt 16 englische Kanonen entdeckt. Bereits in den 1990er Jahren wurden hier sieben Kanonen geborgen. Die Kanonen liegen auf steinigem Grund zwischen Hauptinsel und Düne verteilt. Es handelt sich vermutlich um 12-Pfünder-Kanonen aus der Zeit um 1800, eindeutig britischer Herkunft, erkennbar an Details wie dem »Blomefield-Ring«. Das Blomefield-Design, entwickelt ab 1787, zeichnet sich durch einen stabilisierenden Ring am Knauf aus, der das Rückstoßseil (»Brooktau«) sichert und so die Kanone flexibler und sicherer an Bord einsetzbar macht.

Die Kanonen wurden systematisch vermessen, fotografiert und mit 3D-Modellen dokumentiert. Sie stammen nicht von der 1807 vor Helgoland gesunkenen HMS Explosion, wie lange angenommen. Historische Quellen und die weite Verteilung der Geschütze schließen ein Wrack als Fundursache aus. Wahrscheinlicher ist, dass die Briten die Kanonen beim Abzug 1890 vor der Insel versenkten – veraltetes Material, das nicht mitgenommen wurde. Helgoland war bis 1890 britische Kronkolonie und ein wichtiger Marinestützpunkt. Die Kanonen sind heute stille Zeugen dieser bewegten Geschichte.

Vermessung und Dokumentation der Funde

Die Entdeckung erfolgte durch das Kieler Tauchunternehmen Submaris, unterstützt von der Arbeitsgruppe Marine Geophysik & Hydroakustik der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Mithilfe hochauflösender Echolotkartierungen und 3D-Modellierung wurden alle Geschütze präzise vermessen und fotografisch dokumentiert.

Herkunft und Identifizierung

Typische Merkmale wie der Blomefield-Ring weisen eindeutig auf britische Herkunft hin. Die Funde umfassen vorwiegend 12-Pfünder-Kanonen und Karronaden aus der Zeit um 1800.

Kein Wrack – sondern gezielte Versenkung?

Frühere Annahmen banden die Kanonen an die im Jahr 1807 gesunkene HMS Explosion. Doch diese Theorie gilt inzwischen als widerlegt: Die Geschütze liegen über ein Gebiet von etwa 80 × 70 Metern verteilt, ohne erkennbare Wrackstruktur. Zudem belegen historische Quellen, dass die Kanonen der HMS Explosion geborgen und an Land gebracht wurden. Daher vermuten Forscher, dass die Briten die Kanonen bewusst vor dem Abzug 1890 versenkten, da sie technisch veraltet waren.

Helgoland als britischer Militärstützpunkt

Bis 1890 war Helgoland britische Kronkolonie und diente als strategisch bedeutender Marinestützpunkt. Kanonen verdeutlichen den militärischen Charakter der Insel im 19. Jahrhundert und liefern neue Perspektiven auf die Sehweise der Koalitionskriege im Nordmeer.

Unser Experte
Dr. Florian Huber berichtet an dieser Stelle jeden Monat über die Neuigkeiten aus der wissenschaftlichen Unterwasser-Welt.
Er selbst ist Unterwasser-Archäologe und Forschungstaucher (florian-huber.info).

Foto: Uli Kunz

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