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Garnelenzucht bedroht Seegraswiesen in Südchina

Die Teiche sind eng aneinandergereiht, an der ganzen Küste entlang. Randvoll mit den kleinen Krebstierchen, die sich so gut verkaufen. Mit einem Zuwachs von durchschnittlich 8,8 Prozent pro Jahr nimmt die Produktion von Fischen und Meeresfrüchten aus Aquakulturen weltweit rasant zu, wobei China das Land mit den meisten solcher Anlagen ist.
Das Problem bei diesen Zuchtteichen ist, dass ihre ungefilterten Abwässer direkt ins Meer geleitet werden. Die Küstengewässer erhalten so zusätzliche Nähr- und Schwebstoffe   zum Beispiel die Nahrungsabfälle und Exkremente der Zuchttiere. Wir konnten den Weg der Abwässer aus den Zuchtteichen bis ins Zellgewebe der Seegräser einige Kilometer vor der Küste verfolgen, so Dr. Tim Jennerjahn vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT) in Bremen.
Mehr Nährstoffe das klingt doch eigentlich nicht schlecht.
Manche Lebewesen benötigen allerdings das Gegenteil: Klares, nährstofffreies Wasser. So ist es bei Korallenriffen und so ist es bei Seegraswiesen. Die einzigen, die sich über die zusätzlichen Nährstoffe freuen sind die Algen, die als Aufsitzerpflanzen auf dem Seegras wachsen. Bei normalem Bewuchs ist das für das Seegras kein Problem. Vermehren sich die Algen allerdings aufgrund vermehrten Nährstoffeintrags, überwuchern sie die Gräser vollkommen, sodass diese kein Licht mehr abkriegen. Das brauchen sie aber dringend zur überlebenswichtigen Photosynthese. Schwebstoffe trüben das Wasser, was den gleichen Effekt hat. Außerdem kurbeln die Aquakulturabfälle die Bildung von giftigen Schwefelverbindungen an, denen die Wiesen ausgesetzt sind. All das führt zu folgender Gleichung: Mehr Zuchtteiche = Weniger Seegras. Wissenschaftler vom ZMT konnten jetzt nachweisen, dass mit steigender Anzahl der Zuchtteiche die Artenvielfalt und die Wuchsdichte der Seegräser abnimmt.
Warum ist Seegras überhaupt wichtig?
Ohne weit auszuholen und vom ökologischen Gleichgewicht zu faseln, kann man kurz zusammenfassen, dass Seegraswiesen eine Art Kinderstube sind. Sie bieten wichtigen Schutz für Jungfische und Schalentiere. Außerdem ist das Gras eine bedeutsame Futterquelle für größere Meereslebewesen wie Schildkröten und Seekühe. Klimatologisch gesehen sind die Wiesen eine Kohlenstoffsenke, also ein Reservoir, das CO2 aufnimmt. Das Seegras nimmt das im Meerwasser gelöste CO2 auf und speichert es in seinen Halmen, was der Erderwärmung entgegen wirkt.
Seegraswiesen bedecken weltweit eine Fläche von schätzungsweise 18 Millionen Hektar. Vor einigen Jahren schätzte ein internationales Autorenteam den ökonomischen Wert dieses Lebensraums auf 19.000 US Dollar pro Jahr und Hektar mehr als doppelt so viel wie Mangroven, Korallenriffen oder dem tropischen Regenwald zugeschrieben wurde. Durch den Rückgang des Seegraswiesenbestands von jährlich 7% ist die Artenvielfalt in tropischen Küstengebieten akut bedroht. Das Zentrum für Marine Tropenökologie wird daher seine Untersuchungen zur Reaktion der Seegraswiesen auf Umweltveränderungen in den kommenden Jahren intensivieren.

Weitere Infos:
www.zmt-bremen.de/29.7.14.html