Die Forschungsarbeit beruht auf einer Expedition des deutschen Forschungsschiffs „Maria S. Merian“ im Sommer 2012. Damals hat das internationale Wissenschaftlerteam vor der Westküste der norwegischen Inselgruppe Spitzbergen Methanquellen in einigen hundert Metern Wassertiefe untersucht. „Schon damals ist aufgefallen, dass die Aktivität der methan-abbauenden Bakterien in sehr kurzen Zeiträumen stark variiert und dass sich gleichzeitig viele ozeanographische Daten wie Wassertemperatur und Salzgehalt änderten“, erklärt Lea Steinle, Erstautorin der aktuellen Studie und Doktorandin an der Universität Basel beziehungsweise am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit untersucht sie, wo und wie viel Methan in der Wassersäule durch Bakterien abgebaut wird.
Um zu überprüfen, ob die während der vierwöchigen Expedition gemessenen Schwankungen zufällige Beobachtungen waren oder auf typischen, immer wieder auftretenden Prozessen beruhen, haben Ozeangraphen des Geomar die Region im Nachhinein mit einem hochauflösenden Ozeanmodell genauer betrachtet. „So haben wir tatsächlich herausgefunden, dass die beobachteten Schwankungen der ozeanographischen Daten und der Bakterien-Aktivitäten auf immer wiederkehrende Änderungen des West-Spitzbergenstroms zurückzuführen sind“, erläutert Prof. Dr. Arne Biastoch vom Geomar. Der West-Spitzbergenstrom ist eine relativ warme, salzhaltige Strömung, die Wassermassen vom europäischen Nordmeer in den Arktischen Ozean transportiert. „Er verläuft meist sehr nah an der Küste. Schwankungen in den Strömungen sorgen aber dafür, dass er oft mäandriert. Dann entfernt sich die Strömung innerhalb weniger Tage etliche Kilometer weit von der Küste weg“, erklärt Professor Biastoch weiter.
Ob die Strömung direkt über die küstennahen Methanquellen verläuft oder weiter auf offener See, hat Folgen für den Methanabbau. „Wir konnten zeigen, dass die Stärke und Variabilität der Meeresströmungen das Vorkommen der methanabbauenden Bakterien kontrolliert“, sagt Lea Steinle. „Das heißt, bei starker Strömung kann sich keine große Bakterienpopulation aufbauen, was dazu führt, dass weniger Methan abgebaut wird.“
Um zu überprüfen, ob diese Ergebnisse nur für Spitzbergen gelten oder eine grundsätzliche Bedeutung haben, untersuchten die Wissenschaftler in einem zweiten, globalen Ozeanmodell, wie sich Meeresströmungen in anderen Regionen der Weltmeere mit Methanquellen verhalten. „Dabei zeigte sich, dass starke und variierende Strömungen oft über Methanaustrittsstellen zu finden sind”, betont Dr. Helge Niemann, Biogeochemiker an der Universität Basel und einer der Initiatoren der Studie.
Seine Kollegin Prof. Dr. Tina Treude, Geomikrobiologin an der University of California Los Angeles ergänzt: „Das zeigt deutlich, dass einmalige oder kurzfristige Messungen oft nur einen schnappschussartigen Einblick in ein System zeigen.“ In Zukunft müssen deshalb die von ozeanographischen Parametern hervorgerufenen Schwankungen im bakteriellen Methanabbau sowohl bei Feldmessungen als auch in Modellen besser berücksichtigt werden.
Originalarbeit
Steinle, L., C. A. Graves, T. Treude, B. Ferré, A. Biastoch, I. Bussmann, C. Berndt, S. Krastel, R. H. James, E. Behrens, C. W. Böning, J. Greinert, C.-J. Sapart, M. Scheinert, S. Sommer, M. F. Lehmann, H. Niemann (2015): Water column methanotrophy controlled by a rapid oceanographic switch. Nature Geoscience, http://dx.doi.org/10.1038/ngeo2420
Weitere Infos
Aquatische Biogeochemiegruppe am Departement Umweltwissenschaften der Universität Basel Forschungsgruppe Universität Basel: https://biogeochem.duw.unibas.ch/
Das Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel: www.geomar.de
Expedition MSM21/4 im Sommer 2012: www.geomar.de/e316848