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Tiefseeströmung beeinflusst Wetter in Afrika

Die Meere haben einen vielfältigen Einfluss auf unser Klima. Prominentestes Beispiel ist das El-Niño-Phänomen im Pazifik, die bekannteste, mehrjährige Klimaschwankung. Wie Ozeanographen des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) und der Woods Hole Oceanographic Institution (WHOI, USA) jetzt zeigen konnten, spielen auch Tiefenströmungen im äquatorialen Atlantik eine wichtige Rolle bei Klimaschwankungen in Westafrika. Die Ergebnisse der Studie erscheinen in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nature.

Regen für Afrika
Der Niederschlag des westafrikanischen Monsuns hat eine herausragende Bedeutung für Landwirtschaft, Wasserressourcen und Gesundheit in einem der dichtbesiedelten Gebiete Afrikas. Wann und wie viel Regen in den Küstenstaaten nördlich des Golfs von Guinea fällt, wird unter anderem durch die Oberflächentemperatur des tropischen Atlantiks bestimmt. Die Details dieser Wechselwirkung zwischen Ozean und Atmosphäre sind bei weitem nicht alle entschlüsselt. Bisher wurden Einflüsse aus dem Pazifik und dem Nordatlantik als wichtigste Quelle für Klimaschwankungen im äquatorialen Atlantik betrachtet. Ozeanographen des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) konnten jetzt zusammen mit Kollegen aus den USA zeigen, dass es regelmäßige mehrjährige Temperaturschwankungen gibt, deren Ursache in den Tiefenströmungen des äquatorialen Atlantiks liegen und so die Niederschlagstätigkeit in Westafrika beeinflussen.
Blick in die Tiefe
„Bisher haben wir bei der Erklärung von tropischen Klimaschwankungen immer nach oben, insbesondere in die Atmosphäre, geschaut. Unsere neuen Daten lenken unseren Blick erstmals auch in die Tiefe des Ozeans und eröffneten ganz neue Denkansätze“, erklärt Professor Peter Brandt vom IFM-GEOMAR, Erstautor der Studie, die in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nature erscheint. In einem groß angelegten, internationalen Forschungsprogramm, dem „Tropical Atlantic Climate Experiment“ (TACE), versuchen Experten den Mechanismen, Ursachen, und Wirkungen von Klimaschwankungen im tropischen Atlantik auf die Spur zu kommen.

Der deutsche Beitrag zu diesem Programm, der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (Verbundprojekt „Nordatlantik“) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Kieler Sonderforschungsbereichs 754 „Klima Biogeochemische Wechselwirkungen im tropischen Ozean“ gefördert wird, besteht unter anderem aus Tiefseeverankerungen am Äquator. An diesen zeichnen Messgeräte kontinuierlich die Strömungsrichtungen und -geschwindigkeiten, den Salzgehalt und die Wassertemperatur auf und erlauben damit langfristige Veränderungen im tiefen Ozean zu beobachten. Darüber hinaus werden Messungen von frei in der Tiefe treibenden Messsonden, sogenannten „Argo Floats“, sowie Daten aus Satellitenmessungen genutzt. „In den Messreihen der vergangenen zehn bis zwanzig Jahre haben wir bisher unbekannte Schwankungen der Oberflächenströmung und der Oberflächentemperatur des tropischen Atlantiks gefunden, die in einem regelmäßigen, viereinhalbjährigen Turnus wiederkehren“, erklärt Brandt.

Energie gelangt an die Oberfläche
Ähnliche Schwankungen konnten die Wissenschaftler in sogenannten „Deep Jets“ nachweisen. Das sind Tiefenströmungen in Tiefen bis 3000 Metern mit Geschwindigkeiten von 10 bis 20 Zentimeter pro Sekunde in Ost-West-Richtung. Sie erstrecken sich entlang des Äquators quer durch den gesamten Atlantik. Ihre Richtung kehrt sich mit der Tiefe alle paar hundert Meter um. „Diese Tiefenströmungen werden im tiefen Ozean erzeugt und ihre Energie wird offenbar durch die Wasserschichten nach oben weitergereicht, wo Oberflächenströmung und temperatur beeinflusst werden“, so Brandt.

Die Oberflächentemperatur gehört wiederum zu den entscheidenden Faktoren für die Niederschlagsschwankungen über Westafrika. „Wie groß der Einfluss der Tiefenströmungen ist und wie sie entstehen, wissen wir leider noch nicht genau“ sagt Brandt, „da liegt noch viel Arbeit vor uns“. Neue Daten wollen die Wissenschaftler auf der aktuellen Forschungsfahrt mit dem deutschen Forschungsschiff „Maria S. Merian“ gewinnen, die vom 11. Mai bis 19. Juni 2011 stattfindet. „Wir nehmen unsere Verankerungen am Äquator auf, legen sie neu aus und hoffen dann mit den neuen Daten, die Vorgänge in der Tiefsee besser zu verstehen und damit letztendlich auch zur Verbesserung der Klimavorhersage für Westafrika beizutragen“, erklärt Professor Brandt. Weitere Infos findet ihr auf www.ifm-geomar.de