Reiseberichte

Fischschwärme satt – so schön ist das Tauchen in Oman

Ungewöhnlich viele Bärenkrebse leben vor der Küste von Mirbat. Foto: W. Pölzer
Vor der Küste von Mirbat leben ungewöhnlich viele Bärenkrebse. Foto: W. Pölzer

Grünliches, überraschend kühles Wasser schließt sich über unseren Köpfen, als wir vor Mirbat im Süden des Sultanats Oman tauchen. Ich folge Guide Andreas neugierig in die Tiefe. In knapp 20 Metern erreichen wir den Meeresgrund, der so ganz und gar nicht an das Rote Meer, die Malediven oder ein anderes Tropenziel im Indischen Ozean erinnert. Nicht Korallenriffe, sondern schroffe Granitfelsen, bewachsen mit einigen wenigen Steinkorallen sowie teils üppig bunten Weichkorallen, prägen das Bild. Das Arabische Meer – ein Randmeer des Indischen Ozeans zwischen der Arabischen Halbinsel und Indien – ist für seinen hohen Nährstoffgehalt und seine vielen Fischschwärme bekannt und wurde in früheren Zeiten sogar „grünes Meer“ genannt. Riesige Netzmuränen nebst einer Unzahl der wesentlich kleineren Grauen Muränen lugen aus Löchern und Spalten, oft gemeinsam mit kapitalen Langusten und ungewöhnlich vielen Bärenkrebsen und Tanzgarnelen. Drachenköpfe kuscheln sich in stellenweise flächendeckende Felder von Lederkorallen, dazwischen hocken langstachelige Seeigel, Seepocken und robuste Kissenseesterne. Ein wenig erinnert mich die Lebensgemeinschaft an eine Mischung aus jener der Pazifikinsel Cocos und der Unterwasserwelt von Mosambik. Ein Schwarm junger Korallenwelse, ein stattliches Tritonshorn, ein davonhuschender Stachelrochen – keine Chance für Langeweile!

Vor Mirbat in Oman tummeln sich die Fischschwärme

Im Trupp unterwegs: Beilbauchfische. Foto: W. Pölzer
Im Trupp unterwegs: Beilbauchfische. Foto: W. Pölzer

„Dabei ist dieser Spot für den Eingewöhnungstauchgang einer unserer fischärmsten“, wie mir Andreas später auf dem Tauchboot erklärt. Was er damit meint, wird mir erst am nächsten Morgen klar. Nach gerade einmal fünf Bootsminuten springen wir an drei vorgelagerten Felsinselchen erneut ins Wasser. Auffrischender Wind hat die Sichtweiten im kaum zehn Meter tiefen Wasser stark eingeschränkt. Umso mehr fühlt man sich wahrhaftig wie in einer Fischsuppe. Schwärme von verschiedenen Schnappern, Barben, Süßlippen und Beilbauchfischen, wohin man blickt! Dazwischen einzelne Zackenbarsche, Wimpel- und Doktorfische sowie am Boden stellenweise Unmengen von armlangen Kreuzwelsen, die scheinbar aus Platzgründen immer wieder unter Felsspalten hervorquellen. Urplötzlich kommt Hektik auf. Vor allem die Freiwasserfische ergreifen blitzschnell die Flucht. Eine Wand aus silbrig glänzenden Leibern von Bonito-Thunfischen schießt in Panik an uns vorüber, raubt uns für Sekunden die Sicht, um uns danach den Blick freizugeben auf einen Trupp Delfine! Von uns scheinbar ebenso völlig überrascht verharrt das knappe Dutzend von Großen Tümmlern für einen Sekundenbruchteil direkt vor uns und ist dann ebenso schnell verschwunden wie gekommen! Verdutzt und vor Freude strahlend blicken wir uns an, klatschen uns ab und feiern das eindrucksvolle Erlebnis.

Von Dezember bis Ende März ist Delfin-Saison in Oman

Delfine sind hier keine Seltenheit, wie ich später erfahre. Vor allem zur Hochsaison zwischen Dezember und Ende März werden nahezu täglich Touren zu den Meeressäugern angeboten. Zu dieser Zeit sind die Chancen sehr hoch, dass man mit etwa 15 Großen Tümmlern schnorcheln kann. Die Tiere sind sehr zutraulich und suchen oft den Kontakt zu den Schnorchlern. Das ist allerdings knappe eineinhalb Autostunden entfernt und spielt sich in einer flachen Sandbucht unweit vom Ufer ab. Nicht zum Schnorcheln, aber vom Boot und gelegentlich sogar von der Küste aus gibt’s oft riesige Schulen jagender Spinnerdelfine und mit viel Glück auch mal Pott-, Buckel- oder Pilotwale zu sehen! Selbst Walhaie und Mobulas schwimmen gelegentlich in Küstennähe vorüber.

Eine Steinwüste wird zur grünen Oase

Im Wadi Darbat leben auch wilde Kamele. Foto: W. Pölzer
Im Wadi Darbat leben auch wilde Kamele. Foto: W. Pölzer

Wirklich ungewöhnlich ist hier im Süden von Oman jedoch etwas anderes. Der als Dhofar bekannte Verwaltungsbezirk des Sultanats nimmt klimamäßig eine Sonderstellung auf der gesamten Arabischen Halbinsel ein. Zwischen Juni und September verwandeln die Ausläufer des indischen Monsuns die Steinwüste in ein üppiges Grün. Dichte Regenwolken stauen sich an den bis etwa 1800 Meter hohen Küstengebirgen und lassen in einem nahezu ständigen Sprühregen die Luftfeuchtigkeit auf bis zu 90 Prozent ansteigen. Ausgetrocknete Wadis werden zu reißenden Flüssen und staubig braune Wüsten zu tiefgrünen Augenweiden. Einheimische Touristen aus dem sommerlich heißen Norden sowie eine Vielzahl hitzegeplagter Araber verbringen hier ihren Urlaub und genießen das ungewohnt kühle Regenwetter mit Nebelschwaden.

Spektakuläre Natur im Wadi Darbat

In den Sinterterrassen im Wadi Darbat kann man baden. Foto: W. Pölzer
In den Sinterterrassen im Wadi Darbat kann man baden. Foto: W. Pölzer

Aber auch außerhalb der Monsunzeit kann man die Wandlungsfähigkeit der Wüste erahnen. An einem tauchfreien Tag lohnt sich der Besuch des Wadi Darbat. Das sieben Kilometer lange Flusstal sticht als grüne Oase mit jeder Menge Dattelpalmen, Kamelen, Eseln und Ziegen aus der umgebenden Steinwüste hervor. Der ganzjährige Wasserlauf mit seinen fotogenen Sinterterrassen lädt sogar zum Baden und Bootsfahren ein, bevor er über eine 100 Meter hohe Granitklippe senkrecht in die Tiefe stürzt und hier übrigens während der Monsunzeit zum größten und sicherlich spektakulärsten Wasserfall des Landes wird.
Weiter oben auf der Hochebene des Hinterlandes findet man ausgetrocknete Flussläufe, die an kleine Brüder des Grand Canyon erinnern, und eine der weltgrößten Dolinen. Der Karsttrichter von Tawi Ateer fällt äußerst beeindruckend als senkrechtes Loch mit 150 Meter Durchmesser satte 211 Meter tief ab, bevor es über zwei wassergefüllte Höhlen, wer weiß wie tief, noch weitergeht! Das kaum touristisch erschlossene Sinkhole kann auf eigene Gefahr mit gutem Schuhwerk zumindest teilweise erkundet werden. Abschluss der Halbtagestour ist meist der Aussichtspunkt von Jebel Samhan, wo die hier in 1300 Meter gelegene Hochebene nahezu senkrecht abbricht und bei klarem Himmel einen fantastischen Ausblick über das Arabische Meer bietet. Darüber hinaus zählt die Hochebene zu einem der letzten Rückzugsgebiete des fast ausgestorbenen Arabischen Leoparden.

Zum Sonnenuntergang nach Mirbat

Sonnenuntergang im Hafen von Mirbat. Foto: W. Pölzer
Sonnenuntergang im Hafen von Mirbat. Foto: W. Pölzer

Wer erst spätnachmittags vom Landprogramm zurückkommt, sollte Mirbat noch einen kurzen Besuch abstatten – vor allem der Fischmarkt, drei Moscheen sowie traumhaft schöne Sonnenuntergänge lohnen. Die Kleinstadt galt über Jahrhunderte hinweg als die Handelsmetropole für Weihrauch. Heute dient die Fischerei den Bewohnern als Haupteinnahmequelle, vor allem wegen der reichen Bestände an Thunfisch, Makrelen sowie der Indischen Ölsardine. Ein sanfter Tourismus ist gerade erst im Entstehen. Unser Hotel – vier Kilometer von Mirbat entfernt – ist derzeit das einzige weit und breit. Es wird von einem deutschsprachigen Management geführt und besitzt eben auch die einzige Tauchbasis der Region.

Ein Wrack wird zum Riff

Ein großer Krake inspiziert das Riff. Foto: W. Pölzer
Ein großer Krake inspiziert das Riff. Foto: W. Pölzer

Mit genau dieser geht’s am nächsten Morgen wieder raus aufs Meer. Auch heute heißt es nach nur wenigen Bootsminuten: rein ins Wasser – das uns heute deutlich wärmer und auch wesentlich klarer erscheint. Wenige Flossenschläge unter uns verstreuen sich auf über 100 Metern die Reste eines einstigen Stahlfrachters. Von Wind und Wellen liegend feinsäuberlich in bescheidene Einzelteile zerlegt, gleicht das ehemalige Schiff mehr einem künstlichen Riff als einem Wrack. Highlight ist ohnehin nicht das Altmetall, sondern seine neuen Bewohner. Unzählige Großschulenbarben machen ihrem Namen alle Ehre und lassen stellenweise Wrackreste mitsamt Meeresgrund verschwinden – wieder einmal Fischschwärme satt.
Daneben tummeln sich kaum kleinere Schwärme von Süßlippen, Beilbauchfischen und den etwas scheueren Schnappern. Immer wieder bahnen sich kleinere Trupps jagender Stachelmakrelen ihren Weg durch die Menge und auf einer der alten Stahlplatten hockt sogar eine Schildkröte und beißt herzhaft in einen Schwamm. Obwohl kaum ein Tiefenmesser mehr als zehn Meter anzeigt, ist die gesamte Gruppe vom Tauchen in Oman völlig begeistert.

Die Spots in Oman sind voller Überraschungen

Büschelbarsche sieht man in Hülle und Fülle. Sie sitzen gern auf Korallen und beobachten die Umgebung. Foto: W. Pölzer
Büschelbarsche sieht man in Hülle und Fülle. Sie sitzen gern auf Korallen und beobachten die Umgebung. Foto: W. Pölzer

Auch in den nächsten Tagen gibt es immer wieder Neues zu entdecken. Untiefen, überzogen mit kleinen pinken Weichkorallen, zartrosa Steinkorallen und Sträucher Schwarzer Korallen nebst zahllosen Langusten und Bärenkrebsen, aber auch knallbunte Nacktschnecken, winzige Grundeln und die nahezu allgegenwärtigen, prächtig leuchtend orange gefärbten und drollig dreinblickenden Oman-Büschelbarsche. Selbst die seltenen und mit ihren langen Zähnen äußerst bizarr aussehenden Drachenmuränen schwimmen mir vor die Linse – absolut top!
Fazit: eine faszinierende Unterwasserwelt mit enormem Fischreichtum macht die zeitweise bescheidenen Sichtweiten bei weitem wett. Absolut anfängertauglich, aber auch gemütlich für alte Hasen durch kurze Ausfahrten und zumeist geringe bis mittlere Tiefen. Ein Land mit tollen Ausflugsmöglichkeiten, orientalischem Flair und vor allem touristisch- und taucherischem Entwicklungspotenzial.

Reise-Facts

Das Karaiba Mirbat Resort ist das einzige Hotel in der Gegend. Auf dem Hotelgelände befindet sich auch die Extra-Divers-Tauchbasis. Foto: W. Pölzer
Das Karaiba Mirbat Resort ist das einzige Hotel in der Gegend. Auf dem Hotelgelände befindet sich auch die Extra-Divers-Tauchbasis. Foto: W. Pölzer

Anreise: Flugverbindungen mit Oman Air, Qatar Air oder Emirates nach Maskat. Weiterflug nach Salalah (etwa 1,5 Stunden) und knapp einstündiger Autotransfer nach Mirbat.
Einreise: Nach Ankunft in Maskat muss im Transferbereich des Flughafens ein Visum gekauft werden. Auf www.oman-evisa.com kann man ein Visum vorab beantragen.
Medizinische Versorgung: Die nächste Druckkammer befindet sich in der rund 1000 Kilometer entfernten Hauptstadt Maskat.
Tauchen: Die Tauchbasis Extra Divers Mirbat gibt es seit 2009. Die Basis befindet sich im 5-Sterne-Hotel Kairaba Mirbat Resort, etwa vier Kilometer östlich von Mirbat. Ausbildung nach SSI-Standards vom OWD bis Assistant Instructor 20 Tauchspots können mit dem Boot innerhalb von 3 bis 20 Minuten erreicht werden. Standardmäßig wird in Gruppen bis zu vier Taucher pro Guide, auf Wunsch aber auch eigenständig im Buddyteam getaucht.
Reisezeit: Die beste Reisezeit ist von Oktober bis Mai. Die besten Sichtweiten (bis zu 25 Meter), warmes Wasser (26–27 Grad Celsius) und wenig Wind herrschen von Dezember bis Ende März. Dann werden auch Delfin-Schnorcheltouren angeboten und öfters Wale vom Boot aus beobachtet. Von Anfang Juni bis Ende September ist die Tauchbasis wegen Monsun geschlossen. Info: www.extradivers- worldwide.com
Wohnen: Das Kairaba Mirbat Resort verfügt über 186 Zimmer in fünf Kategorien sowie 51 Chalets in Tauchbasisnähe. Insgesamt gibt es rund 500 Betten. Gemütlich und großzügig ausgestattet sind nicht nur die frisch renovierten Zimmer, sondern das gesamte Gelände mit einem 2000 Quadratmeter großen Süßwasserpool, beheitztem Whirlpool, Spa, Badestrand, drei Restaurants, vier Bars sowie diversen Sporteinrichtungen wie etwa Tennisplatz und Fitnesscenter. Orientalischer Flair und zuvorkommende Gastfreundschaft sind hier keine leeren Floskeln! Info: www.kairaba-hotels.com
Veranstalter: Reisecenter Federsee, www.reisecenter-federsee.de