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TAUCHEN-Fehleranalyse: Schmerzvoller Notaufstieg

Romy erläutert ihrem neuen Buddy vor dem Tauchgang, dass sie Probleme mit der Stirnhöhle hat und deshalb nur langsam auftauchen kann. Foto: W. Pölzer

Romy ist PADI-Rescue-Diver mit 400 geloggten Tauchgängen. Leider hat sie keinen festen Tauchpartner und hofft jedes Mal, dass ihr ein guter Buddy zugeteilt wird. So auch beim heutigen Tauchgang: Romy erläutert ihrem neuen Buddy vor dem Tauchgang, dass sie Probleme mit der Stirnhöhle hat und deshalb nur langsam auftauchen kann. Doch der knapp 40-jährige Dennis wirkt unkonzentriert. Er spielt sich als ausgebuffter Alleskönner auf, obwohl keine 50 Tauchgänge in seinem Logbuch stehen. Romy nimmt eine 12-Liter-, ihr Buddy greift zur 15-Liter-Flasche. 

Nach dem Buddycheck springen die beiden ins Wasser und folgen der Gruppe mit Guide bis auf eine Tiefe von 25 Metern. Romy beobachtet, dass bei ihrem Buddy die Füße weit nach oben zeigen und er nur langsam nach unten kommt. Hat er zu wenig Blei dabei? Ihr fragendes Okay-Zeichen bestätigt er mehrmals. „Komischer Kauz“, denkt sie sich und taucht weiter.

Nasennebenhöhlen: Problemzone bei Tauchern

Dennis hat gewaltigen Auftrieb und zieht sie mit zur Oberfläche. Foto: W. Pölzer

Während sie versucht, den Griff zu lösen, treiben beide weiter nach oben. Romy hat unglaubliche Schmerzen. An der Oberfläche hat sie das Gefühl, als würde ihre Stirn platzen. „Was sollte das?“, ruft sie zum Buddy. Dennis antwortet, er habe auf Blei verzichtet, weil er eine 15-Liter-Flasche ausprobieren wollte. Er hätte zu spät bemerkt, dass er unterbleit war. Warum hat er keine Zeichen gegeben? Er wollte den Tauchgang nicht vermiesen. Romy konnte  fünf Tage nicht tauchen. 

Fehler 1: Dass Dennis ohne Blei abtaucht, hätte man beim Buddy-Check thematisieren müssen. Notfalls einfach etwas Reserveblei mitnehmen. Vollkommen verantwortungslos, dass er bei solchen Problemen nicht den Tauchgang abbricht. 

Fehler 2: Durch seine Fahrlässigkeit, die in einer unkontrollierten Panikreaktion gipfelt, zeigt er in erster Linie, welche Gefahr von einem Buddy ausgehen kann.

Fehler 3:  Romy hat vor dem Tauchgang auf ihr Stirnhöhlen-Problem aufmerksam gemacht, doch Dennis war auf dem Ego-Trip. Ein Alptraum-Partner!

Gefahren beim Tieftauchen: Wenn Sporttaucher das Tiefenlimit überschreiten

Prof. Dr. med. Claus-Martin Muth

EXPERTENTIPP
Prof. Dr. Claus-Martin Muth, TAUCHEN-Medizinexperte

„Dass ein solcher Tauchpartner, wie der in dem Fallbeispiel, ein Alptraum sein kann, ist offenkundig und benötigt auch kaum eines weiteren Kommentars. Der Verzicht auf Blei durch die Verwendung einer 15- Liter-Flasche ist allerdings fahrlässig. Vielen Tauchern scheint nicht klar zu sein, dass komprimierte Luft ein nicht zu vernachlässigendes Gewicht hat. Ein Liter Luft wiegt 1,26 Gramm. Die Faktoren Temperatur und Luftfeuchtigkeit einmal außer Acht gelassen, kommen bei einer 15-Liter-Flasche bei einer 200-bar-Füllung immerhin 3,78 Kilogramm Gewicht zusammen.

Am Ende des Tauchgangs kann bei einer zu geringen Menge Blei ein kaum beherrschbarer Auftrieb problematisch werden. Das kann sehr gefährliche Konsequenzen haben, wenn Sicherheitsstopps oder sogar Dekozeiten eingehalten werden müssen. Ein weiteres Problem dieses Falls ist die Stirnhöhle von Romy. Anzunehmen ist, dass es sich hier um ein chronisches Leiden handelt. Tauchern, die ebenfalls solche Probleme mit den Nasennebenhöhlen haben, sei dringend eine HNO-ärztliche Abklärung empfohlen. In vielen Fällen kann nämlich eine behebbare Ursache für die Probleme vorliegen: Schleimhautpolypen können abgetragen werden. Zu enge Höhleneingänge (Ostien) werden ebenfalls operativ behandelt. Auch ein Schiefstand der Nasenscheidewand kann begradigt werden. Wenn derartige chronische Leiden vorliegen, sollte man den Arztbesuch nicht auf die lange Bank schieben. Eine entsprechende ärztliche Behandlung ist bei solchen Leiden immer empfehlenswert, wenn man den Tauchsport sicher ausüben möchte.“