Technik

Schrottreif? Was in Tauchflaschen schlummert!

Es gibt Dinge, die möchte man nicht wissen. Dennoch wäre es besser, man wäre darüber im Bilde. Ein Beispiel dafür ist, wie es im Inneren so mancher Tauchflasche aussieht.

Benjamin Schulze

Rüttel, rüttel, rüttel, schwapp, schwapp, schwapp. »Sollte da nicht eigentlich Luft drin sein?« frage ich. »Hört sich eher an, als sei da was Flüssiges drin«, entgegnet mir Sebastian Reinwald, Besitzer des Tauchshops BlueMarlin in Köln.

Das schauen wir uns genauer an. Wir strömen die letzten 50 bar Restdruck ab. Nur so können wir das Flaschenventil abschrauben. Das Zischen verstummt. Sebastian nimmt einen dicken, stählernen Metallbolzen, an dessen Ende ein Außengewinde eingeschnitten ist. Es passt genau in den G5/8-Anschluss des Ventils. Dann schraubt er den Bolzen in das Gewinde. Danach nimmt er einen Gummihammer und hämmert mit etwas Gefühl gegen den Bolzen.

Ein »normales« Flaschenventil wird mit einem Drehmoment von 80 bis 100 Newtonmeter fest gedreht. Geöffnet kann es nur werden, wenn der Druck aus der Flasche vollständig abgelassen wurde. Der Bolzen wird in das Ventil gedreht, das dann mit einem Gummihammer gelöst wird.

Das Ventil löst sich. Es kann nun einfach herausgedreht werden. Das Steigrohr und der untere Teil des Ventilgewindes sind mit Rost überzogen. Beide runzeln wir die Stirn. Sebastian kehrt die Flasche auf den Kopf. Was da herausläuft, ist garantiert nicht normal. Eine rostbraune, leicht ölige Suppe verteilt sich auf dem Boden der Werkstatt.

Mit dieser Tauchflasche stimmt etwas gar nicht. Ein so drastisches Beispiel erhält man allerdings selten. Es handelt sich um ein Doppelgerät mit zwei Sieben-Liter-Kompositflaschen. Komposit bedeutet hier: Die Druckbehälter besitzen Stahlkerne, die mit Kohlefasermatten ummantelt sind. Verbunden sind die beiden Flaschenventile, wie üblich, mit einer Ventilbrücke.

In diesem Fall ist es eine absperrbare Brücke. Das Interessante: Eine der Flaschen beherbergte geschätzt ein Kölschglas (0,2 Liter) einer rostbraunen Flüssigkeit, die andere war innen vollkommen trocken. Warum die Flüssigkeit lediglich in eine Flasche gelangt ist, lässt sich nur mutmaßen.

Fakt ist: Die mit Wasser gefüllte Flasche muss bei geschlossener Brücke vollständig drucklos und offen gewesen sein. In diesem Zustand muss sie, wahrscheinlich ohne montierten Atemregler, untergetaucht worden sein. Ein fragwürdiges, sehr tauchuntypisches Manöver.

Der TÜV, die Sicherheitsprüfung, stünde bei diesem Druckbehälter an. In diesem Zustand könnte kein noch so liberaler Prüfer der Tauchflasche einen positiven Bescheid erteilen. Denn der Stahlkern der Kompositflasche blättert in mehreren Lagen ab. Dieser Gasbehälter ist vermutlich ein Fall für den Schrottplatz.

Wirklich Schrott?

Kann ein solcher Schaden behoben werden? Wenn ja, wie würde so etwas gemacht werden? Und kann die Tauchflasche am Ende wieder einen TÜV-Stempel erhalten? Mit diesen Fragen trete ich an einen Händler für Industriegase heran.

Laut Aussage der Webseite ist er Spezialist in Sachen Flaschen-TÜV bei Druckgasbehältern, der Wiederaufbereitung von solchen Behältnissen und den dazugehörigen Techniken. »Möglich ist alles. Die Frage ist, ob es am Ende wirtschaftlich sinnvoll ist«, so die Antwort des Spezialisten, der nicht namentlich genannt werden möchte.

© Shutterstock

Dennoch erklärt er den Ablauf einer solchen Prozedur. »In einem ersten Schritt muss der Behälter innen von sämtlichem Rost befreit werden.« Dafür gäbe es zwei Techniken. Entweder könne mit Sand gestrahlt werden, oder man nutze einen Hochdruck-Wasserstrahl. »In jedem Fall«, so der Ingenieur, »wird man danach die Flasche nochmals kräftig auswaschen müssen, wonach eine gründliche Trocknung mit Heißluft erfolgen muss.«

Und nun komme die Krux. Denn natürlich könne man einen solchen Behälter jetzt dem TÜV präsentieren. Bei einer Sichtprüfung würde der so aufbereitete Gaszylinder von innen blinken und blitzen. Der Prüfer hätte gar keine andere Möglichkeit, als die Tauchflasche nach bestandener Druckfestigkeitsprüfung seinen Stempel zu und damit einen positiven Bescheid zu geben.

© Shutterstock – Reinigung und Ultraschallprüfung sind bei sehr groben Beschädigungen in der Tauchflasche obligatorisch.

»Allerdings weiß man erst, ob die Wandstärke nach dem Materialabtrag durch die Reinigung noch ausreichend dick genug und frei von strukturellen Schäden wie Rissen, ist, wenn man eine Prüfung mit einem Ultraschallgerät durchführt.«

All diese Arbeitsschritte und das professionelle Know-how müssen bezahlt werden. Zwischen 600 bis 1000 Euro wären vermutlich für den gesamten Reparaturprozess inklusive anschließender TÜV-Abnahmen fällig. Ein solcher Preis für die Wiederherstellung übersteigt sogar den Neupreis der teuren Kompositflaschen. Daher ist der oben beschriebene Schaden wirtschaftlich gesehen ein Totalschaden. Diese Tauchflasche ist definitiv reif für den Schrottplatz.

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Der TÜV

Alle zweieinhalb Jahre müssen ausnahmslos alle Behälter, die Gase unter Druck transportieren, zu einer Funktionsprüfung – landläufig TÜV genannt. Der einfachste Weg ist: Man gibt sein Tauchgerät im Tauchfachgeschäft ab. Dort wird es dann entweder zur Prüfstelle gebracht, oder der Prüfer kommt im Geschäft vorbei.

Die Kosten liegen zwischen 25 und 50 Euro. Es wird nicht immer das Gleiche geprüft. Alle zweieinhalb Jahre wird eine Sichtprüfung durchgeführt, alle fünf Jahre eine Druckfestigkeitsprüfung. Bei der Sichtprüfung wird das Ventil herausgeschraubt. Die Tauchflasche wird von außen und, soweit es geht, von innen inspiziert.

Ein Aufkleber sollte durch das eingestanzte und verzinkte Datum des nächsten, fälligen TÜV-Datums ergänzt werden.

Wenn kein Rost oder andere offensichtliche Macken daran sind, wird das Ventil wieder aufgeschraubt – und fertig! Bei der Druckprüfung wird Wasser in die Tauchflasche gefüllt, und es wird Druck auf die Flasche gebracht. Der Prüfdruck liegt 50 Prozent über dem Betriebsdruck. Eine 200 bar-Flasche wird also auf 300 bar geprüft.

Aktuelles und zukünftiges Prüfdatum müssen auf der Tauchflasche vermerkt werden. Das Ventil wird jedoch bei keiner der Prüfungen gecheckt. Empfehlung: Lassen Sie den Tauchshop Ihr Flaschenventil revisionieren, wenn die Flasche eh zum TÜV muss.

STAHL, ALU ODER KOMPOSIT?

Pressluftflaschen werden aus verschiedenen Materialien hergestellt. Die Werkstoffe haben unterschiedliche Vor- und Nachteile. Man unterscheidet Stahl- von Aluminium- und Kompositflaschen.

Verschiedene Aluflaschen der Firma Polaris

Stahl ist unter Wasser schwerer als Aluminium. Bei Stahlflaschen benötigt man ein bis zwei Kilogramm Blei weniger. Warum? Bei gleichem Luftvolumen sind Stahlflaschen kleiner als Aluminiumbehälter, da Alu ein weicheres Material ist. Entsprechend mehr wird benötigt, um die Druckfestigkeit zu erreichen, die nötig ist, damit 200 bar Pressluft hineingedrückt werden können.

Kompositflaschen sind Flaschen mit einem Stahlkern, der mit Karbonmatten umwickelt ist. Sie sind noch leichter und halten hohen Drücken (bis zu 800 bar und mehr) stand. Sie können mit bis zu 300 bar Druck befüllt werden. Es gibt auch Alu- und Stahltanks, die 300 bar aushalten. Sie werden sehr wuchtig, da ihre Wände dicker sein müssen.

© Shutterstock – Auf Hochglanz polierter Aluminium-Druckgasbehälter.

Kompositflaschen sieht man selten im Sporttauchen. Sie sind relativ teuer. Allerdings gibt es irrige Annahmen, Kompositflaschen würden ein Ablaufdatum haben. Das stimmt nicht. Ihre Lebensdauer ist bei normaler Behandlung gleichzusetzen mit den anderer Flaschenmaterialien. Auch die Annahme, die Gewichtsersparnis müsse mit viel Blei aufgewogen werden, ist nicht immer korrekt. Im Vergleich mit Alu-Flaschen muss kein Blei hinzugefügt werden. Im Vergleich mit Stahlflaschen müssen abhängig von der Wasserart ein (Süßwasser) bis zwei (Salzwasser) Kilogramm Blei hinzugefügt werden.

Der Vorteil von Aluminium im Gegensatz zu Stahl ist, dass es nicht so schnell rostet. Daher werden Aluminiumflaschen gern im Salzwasser eingesetzt. Sie haben dort eine höhere Lebenserwartung als Stahlflaschen.

Die Oberflächen aus verschiedenen Werkstoffen können ebenfalls stark variieren. So gibt es Flaschen, die lackiert sind. Und solche, die im Rohzustand bleiben, poliert oder feuerverzinkt sind. Polierte Pullen sehen schick aus. Sie glänzen, sind aber recht empfindlich.

Das trifft auch auf lackierte Oberflächen zu. Schnell sieht man Stellen, wo der Lack ab ist, oder das saubere Weiß langsam, aber sicher durch Macken dreckig wird. Ein Flaschennetz kann die Oberfläche schützen.

Flaschenzubehör

Mit dem Einschraub-Adapter können auch Atemregler, die einen INT-Bügelanschluss besitzen, an die Tauchflasche geschraubt werden.
Flaschennetze schützen die Flasche. Beim Kauf auf die exakte Größe achten. Die Farbe ist reine Geschmackssache.
Handgriffe gibt es in unterschiedlichen Ausführungen. Sie sollten bequem und einfach zu montieren sein.
Standfüße sind bei Stahlflaschen mit rundem Boden empfehlenswert. Jedoch kann die Flasche dort rosten, wenn Wasser darin stehen bleibt. Unser Tipp: ein paar Löcher zusätzlich hineinbohren.
Die Filterröhrchen von Nautec können das Steigrohr ersetzen. Sie verhindern, dass Rost und Feuchtigkeit aus der Tauchflasche in den Filter des Atemreglers gelangen.