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Coral Gardeners – Korallenkinder zur Adoption freigeben

Eine junge Naturschutzorganisation betreibt Unterwassergärten in der Südsee. Wir haben uns die Arbeit der Korallengärtner angesehen.

Uli Kunz

TEXT & FOTOS – Uli Kunz –

Die Organisation der Coral Gardeners wurde im Jahr 2017 von dem damals 21-jährigen, auf Moorea beheimateten Titouan Bernicot gegründet. Die Adoption einer Koralle war der Anfang, den Menschen etwas Greifbares im Naturschutz zu geben und zu zeigen, dass eine Koralle kein Stein ist, sondern ein lebender Organismus.

Zuerst wurden nur Bruchstücke von Korallen verpflanzt, die im Sand bzw. im Riff gefunden wurden. Durch die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern wurden schließlich Wege entwickelt, von gesunden »Mutterkorallen« bewusst Stücke abzubrechen, die dann in der Aufzuchtstation an Leinen befestigt werden und wachsen.

Die »Mutterkoralle« stirbt dabei nicht, sondern wächst ebenfalls weiter. Ein großer Teil der aktuell in der Aufzuchtstation und an den Seilen wachsenden Kolonien stammt von Korallen, die im Jahr 2020 eine Bleiche überlebt haben. Die Korallen-Gärtner gehen davon aus, dass diese Korallen etwas resistenter gegenüber hohen Temperaturen sind und nennen sie daher »Superkorallen«.

Meeresbiologen arbeiten seit einigen Jahren an Methoden, diese widerstandsfähigen Korallen zuverlässig zu erkennen und sie als Grundlage für neue, gesunde Riffe zu nehmen.Die Bruchstücke wachsen zirka zwölf bis 18 Monate auf den Seilen, bis sie verpflanzt werden. Im Jahr 2021 wurden 15.755 Korallen verpflanzt. 2022 waren es zirka 30.000 sein.

Eine enorme Steigerung, die durch eine Erweiterung der Aufzuchtstationen und durch neue Mitarbeiter erreicht werden soll. Unterstützung erforderlich. Die Coral Gardeners verwenden bisher keine öffentlichen Gelder.

Die Finanzierung der Arbeiten dieser jungen Naturschutzorganisation basiert auf dem Geld, das durch die Adoption der Korallen und durch Spenden eingeworben wird. Beides ist auf der Webseite unserer Organisation möglich.

Neben den Kosten für Boote, Tauchausrüstung und die Aufzuchtstationen wollen die Coral Gardeners in Zukunft auch genügend Geld einwerben, um der wachsenden Zahl an Mitarbeitern ein verlässliches Einkommen zu gewährleisten. Darüber hinaus plant die Organisation eine Erweiterung in andere Länder, was ebenfalls hohe Kosten verursachen wird.

Die Adoption einer Koralle kostet 25 Euro. Insgesamt stehen zwischen fünf und zehn Arten zur Auswahl. Die Korallenpaten erhalten ein Zertifikat und ein Foto, das die Koralle in der Aufzuchtstation zeigt. Mit einem Social Media Kit aus Bildern und Informationen können die Paten Wissenswertes zum Schutz der Korallen mit Freunden und Bekannten teilen und damit das Thema weiter in unser Bewusstsein tragen.

Weitere Infos: www.coralgardeners.org

Titouan Bernicot

INTERVIEW mit Titouan Bernicot, dem Gründer der Coral Gardeners

Titouan, welches Meerestier wärst Du gern?
Ein Delfin. Delfine zeigen ähnliche Verhaltensweisen wie wir Menschen. Sie sie sozial, leben in Gruppen. Und sie lieben Wellenreiten. So wie ich!

Was würdest Du uns Menschen als Delfin gern sagen?
Ich würde versuchen, den Menschen beizubringen, dass Delfine keine »Tiere« sind, sondern ebenbürtige Lebensformen, die mit den Menschen den gleichen Planeten teilen. Dann könnten sie vielleicht die Welt durch Delfin-Augen sehen und dadurch ihre Sichtweise ändern.

Wann hast Du zum ersten Mal bemerkt, dass mit den Ozeanen etwas nicht stimmt?
Ich bin mit dem Meer aufgewachsen. Erst auf der Perlenfarm meiner Eltern, dann beim Freitauchen und Surfen mit meinen Brüdern. Mein Vater hat uns beigebracht, wie wertvoll der Ozean ist. Als ich 16 war, habe ich bei einer Bootsausfahrt zum ersten Mal eine Korallenbleiche gesehen. Alle Korallen waren weiß!

Wie können die Coral Gardeners zur Gesundheit der Korallenriffe beitragen?
Unser großer Traum ist es, eine weltweite Bewegung anzustoßen, die sich mit der Wiederherstellung von Korallenriffen beschäftigt. Einerseits durch die aktive Ansiedelung von Korallen. Andererseits durch eine Öffentlichkeits-Arbeit, die auf die Menschen inspirierend wirkt. Wir möchten auch mit innovativer Technik das Korallenwachstum optimieren und besser verstehen, wie dieses Ökosystem funktioniert.

Du hast mit einer reinen »Anpflanzung« begonnen. Jetzt arbeitet Ihr auch mit Wissenschaftlern zusammen. Veröffentlicht Ihr Artikel dazu?
Wir haben in einer Gruppe aus einfachen Surfern, Fischern und Freitauchern angefangen. Ich zum Beispiel habe nach der Schule sofort begonnen, zu arbeiten, habe nicht studiert, wollte aber etwas für die Korallen tun. Mittlerweile arbeiten wir mit Wissenschaftlern zusammen, kooperieren mit der Universität Hawaii und Cornell und entwickeln zusammen mit Ingenieuren aus dem Silicon Valley Prototypen für das Korallen-Monitoring. Dabei sollen hier auf Moorea auch zukünftig wissenschaftlich fundierte Arbeiten stattfinden.

Wie beginnt Dein Tag?
Ich versuche, mir jeden Morgen etwas Zeit für meine »Morgen-Routine« zu nehmen: Zuerst etwas Sport, dann schreibe ich die vielen Ideen auf, die ich in meinem Kopf habe. Dann lerne ich etwas, zum Beispiel bei einem TED-Talk oder einer Reportage.

Wie stellst Du Dein Team zusammen?
Manchmal stehen hier plötzlich begeisterte Menschen vor mir, die über uns gelesen haben und unbedingt mit uns arbeiten wollen. Ein Teil des Teams sind meine Kindheitsfreunde bzw. Klassenkameraden. Und mittlerweile finden wir auch neue Mitarbeiter nach Stellenausschreibungen im Internet. Die Schwierigkeit sehe ich aktuell darin, dass wir sehr viele Ideen haben, aber noch nicht genau unsere Ziele definiert haben. Das Wichtigste ist, dass unser Team weiterhin aus freundlichen, leidenschaftlichen und respektvollen Menschen besteht, die einen Teil ihres Lebens dem Meeresschutz widmen möchten.

Du bist sehr gut vernetzt und kennst viele Akteure im Meeresschutz. Was muss sich, abgesehen von Korallenriffen, im Meeresschutz künftig tun?
Es geht heute darum, wieder einen vernünftigen Umgang mit der Natur herzustellen. Eine Rückbesinnung auf das, was wirklich zählt. Nicht die andauernde Gier nach Profit oder nach Anerkennung, sondern die kleinen Dinge im Leben: Erlebnisse in der Natur, Freitauchen, ein Essen mit Freunden. Dadurch können wir eine gesunde und ehrliche Verbindung mit unserer Umwelt herstellen. Wir müssen den Verbrauch von fossilen Rohstoffen beenden und die Kraft der Sonne und des Windes nutzen.

Wir dürfen nicht vergessen, dass all diese Maßnahmen notwendig sind, damit wir Menschen auf der Erde überleben können. Die Tiere und Pflanzen kommen wunderbar ohne uns aus! Das schaffen wir nur, wenn wir in den kommenden Jahren und Jahrzehnten unsere Ernährungs- und Bewegungsweise revolutionieren. Wir müssen schnell reagieren und neben der wissenschaftlichen Arbeit auch eher spontane Projekte zulassen und immer wieder Neues versuchen. Viele Projekte werden fehlschlagen. Aber einige davon werden gelingen.