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Mikrobengemeinschaften auf Seegräsern reduzieren Krankheitserreger

Sie produzieren Sauerstoff, speichern CO₂ und schützen Küsten – doch Seegraswiesen können noch mehr. Neue Forschung zeigt: Sie reduzieren krankheitserregende Bakterien im Meer und könnten im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen helfen. Warum der Schutz dieser einzigartigen Lebensräume so dringend ist.

Dr Florian Huber

Seegräser sind etwas ganz Besonderes: Sie sind die einzigen Blühpflanzen, die den Weg vom Land zurück ins Meer gegangen sind. Wegen ihrer Photosyntheseleistung werden sie auch »Lungen der Meere« genannt. Und mit Ausnahme der Antarktis kommen sie auf allen Kontinenten vor, wo sie in Küstenregionen ausgedehnte Unterwasserwiesen bilden.

Neben diesen außergewöhnlichen Merkmalen haben Seegraswiesen eine enorme ökologische und ökonomische Bedeutung: Sie sind Laichplatz für Fische, Versteck für Jungfische und Lebensraum für Muscheln, Schnecken und Krebse. Damit gehören sie neben Korallenriffen und Regenwäldern zu den produktivsten und vielfältigsten Ökosystemen der Erde. Vor den Küsten beruhigen sie die Brandung und stabilisieren mit ihren Wurzeln das Sediment. Außerdem speichern sie unter dem Sand sehr schnell und effektiv Kohlendioxid.

Vor einigen Jahren wurde eine weitere bemerkenswerte Ökosystemleistung entdeckt: Seegraswiesen reduzieren die Anzahl krankheitserregender Bakterien im Wasser um sie herum. Die Studie zeigte, dass die Konzentration schädlicher Bakterien, die für Meerestiere und Menschen gefährlich sind, in indonesischen Seegraswiesen nur etwa halb so hoch war wie im Wasser außerhalb der Seegraswiesen. Folgestudien, unter anderem am GEOMAR in Kiel, konnten die Reduktion von Krankheitserregern wie Salmonellen und Vibrionen in der Nähe von Seegraswiesen bestätigen. Dabei zeigte sich, dass insbesondere Bakterien von gesunden Blattoberflächen eine starke und breit wirksame antibiotische Aktivität aufweisen, die in einigen Fällen sogar kommerzielle Antibiotika übertrifft.

Forschungstaucher beim Anpflanzen von Seegraswiesen in der Kieler Förde.

Die klimawandelbedingte Erwärmung der Meere erhöht in den Sommermonaten die Belastung der Küstengewässer mit Krankheitserregern wie Vibrionen. Dies stellt auch an der deutschen Ostsee ein hohes Gesundheitsrisiko dar. Die erregerregulierende Wirkung von Seegraswiesen wird daher für die Gesundheit der Meere und des Menschen immer wichtiger. Darüber hinaus birgt das Mikrobiom der Seegräser ein großes Potenzial für die Entdeckung neuer Antibiotika, was im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen von enormer Bedeutung ist.

Der Schutz und die Wiederherstellung von Seegraswiesen sind daher wichtiger denn je. Deshalb arbeiten Wissenschaftler jetzt in einem internationalen Team intensiv an weiteren chemischen und mikrobiombezogenen Mechanismen und wie sie zur Hygienewirkung von Seegräsern im Labor und im Meer beitragen können.