Die Forschungsgruppe beobachteten »Dumbo«-Oktopusse der Art Cirrotheutis muelleri, die passiv durch die Wassersäule trieben und zum Fressen zum Meeresboden tauchten. Die Abwärtswanderung zur Nahrungssuche auf dem Meeresboden war bei Kopffüßern bisher unbekannt. Möglicherweise entwickelte sie sich, um von dort vorhandenen Nährstoffen zu profitieren, während das Schweben in der Wassersäule hilft, Energie zu sparen und Fressfeinde zu meiden.
Die Ergebnisse werfen auch neues Licht auf das Verhalten von Tiefsee-Cephalopoden und die enge Verbindung zwischen den Lebensräumen im Ozean. Die tägliche Vertikalwanderung ist ein gängiges Muster für das Fressen und Gefressen werden im Ozean: Tagsüber verstecken sich Zooplankton, Fische und andere Lebewesen in den dunkleren Tiefen. Nachts, wenn weniger Licht vorhanden ist, steigen sie auf an die Wasseroberfläche, um nach Beute zu jagen. Forscher beobachteten jetzt Kraken in der Arktis auf einer Wanderung in entgegengesetzter Richtung: Videos, die mit ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugen aufgenommen wurden, legen nahe, dass der »Dumbo«-Oktopus von der
Wassersäule zum Meeresboden taucht, um dort Krebstiere und Ringelwürmer zu fangen.
Es ist das erste Mal, dass Bildmaterial von Tintenfischen der Art Cirrotheutis muelleri so detailliert analysiert wurde. Die Aufnahmen zeigen zum einen, wie diese Tiere frei in verschiedenen Tiefen der Wassersäule treiben, wobei sie ihre Arme und das dazwischenliegende Netz wie einen großen Schirm ausbreiten – eine sehr energieeffiziente und unauffällige Art, sich in ihrer Umgebung zu bewegen. Zum anderen ist sehr ausgeprägte Fressverhalten zu beobachten: Mit ihren flügelähnlichen Flossen schwimmen sie langsam über den Meeresboden, landen plötzlich, umschließen ihre Nahrung und heben heftig flatternd mit ihrer Mahlzeit wieder ab.
Zudem fanden die Forscher viele Abdrücke im Sediment, die als Spuren dieser Landung und des Einhüllens der Beute interpretiert werden. »Durch die Analyse der einzigartigen Bilder konnten wir ein weiteres Geheimnis der Tiefsee lüften und wieder einmal beweisen, dass es dort noch viel zu entdecken gibt,« sagt Dr. Henk-Jan Hoving, Leiter der Forschungsgruppe Tiefseebiologie am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.