Wissen

Flipper hilft. Sinn oder Unsinn?

Sind Delfin-Therapien sinnvoll?

Tracy Özdemir

Delfin-Therapien schaden den Tieren. Ihr Sinn ist zweifelhaft. Dieses Tier hat eine verletzten Mund.

»In unserem Freiwasser-Delfintherapie-Zentrum in Marmaris an der türkischen Ägäis bietet Onmega Delfin-Park ein ganzheitliches Delfintherapie-Programm mit höchsten Ansprüchen an Qualität und Erholung für die ganze Familie – all inklusive in zwei 100 Meter entfernt gelegenen Fünf-Sterne Hotels. Hier finden behinderte oder gesundheitlich beeinträchtigte Menschen Genesungserfolge durch direkten Kontakt und Schwimmen mit Delfinen unter der Leitung eines Diplom-Therapeuten woran die Schulmedizin oft gescheitert ist. Nutzen Sie die Kräfte der Natur.«

Mit diesen Worten wirbt das Freiwasser-Delfinarium im türkischen Marmaris auf seiner Webseite. Die Betreiberfirma Onmega steht unter deutscher Leitung. Derzeit beherbergt das Delfinarium laut eigener Aussage drei Delfine. Bis vor kurzem lebten dort noch fünf große Tümmler. Mindestens zwei Delfine sind in den letzten Monaten aus bisher ungeklärten Umständen verstorben. Onmega erwähnt dies wiederum nirgends. Weder auf der Webseite, noch auf den Social-Media Auftritten. Die Tierschützerin Tracy Özdemir vermutet, die Delfine sind wegen der verheerenden Zustände in den Gehegen eingegangen. Umso wichtiger, die Sinnhaftigkeit dieser »Therapie« zu beleuchten.

Delfin-Therapien sind purer Stress für die Tiere. Ihr Nutzen ist mehr als fraglich.
Häufig sind die Mäuler der Tiere verletzt durch Käfige und Netze.

Ergibt »DAT« Sinn?

Bei der Delfin-Therapie, kurz DAT (englisch: dolphin-assisted therapy) handelt es sich um eine wissenschaftlich äusserst umstrittene Behandlungsmethode. Behandelt werden Krankheiten wie Autismus, geistigen Behinderungen, seelischer Erkrankungen oder schweren Traumata. Anbieter geben an, der Umgang mit den Delfinen löse Verkrampfungen, stärke das Selbstbewusstsein. Auch das Echolot der Delfine wirke angeblich durch seine Ultraschallfrequenzen heilend auf den kranken Organismus. Entsprechende Studien, die positive Effekte belegen sollen, gibt es. Jedoch halten sie bei näherer Betrachtung keiner ernsthaften, wissenschaftlichen Überprüfung stand. So kommen die Forschenden Lori Marino (Expertin für Meeressäuger) und Scott O. Lilienfeld (Psychotherapeut) in einer Metaanalyse der sechs relevanten Studien, die zwischen 2007 und 2020 zu dem Thema veröffentlicht wurden, zu folgendem Schluss: die wissenschaftlichen Herangehensweisen wiesen große Mängel auf. Sie lieferten keinerlei Beweise für den therapeutischen Nutzen von Delfin-Therapien, so schließt die Wissenschafts-Gruppe am Schluss ihrer Analyse.

Delfin-Therapien sind schädlich für die Tiere. Dieses Tier wurde durch die Haltung verletzt.
Diverse Kratzspuren zeugen von problematischer Haltung.

Die internationale Organisation für Mensch-Tier-Interaktion (IAHAIO) spricht sich gegen den Einsatz von Wildtieren als Therapietiere aus: »Wilde (nicht-domestizierte) und exotische Tierarten (zum Beispiel Delfine, […]), auch zahme Individuen, dürfen nicht an direkten tiergestützten Interaktionen beteiligt sein, sondern höchstens aus der Distanz für edukative oder reflektive Arbeit beobachtet werden.« Die »Whale and Dolphin Conservation Society« konnte feststellen, dass delfingestützte Therapie höchstwahrscheinlich weder den psychologischen noch den physischen Bedürfnissen der Klienten, noch jenen der Delfine entspricht.

Und die Kosten?

Eine zehntägige Delfintherapie kostet ab 2500 Euro aufwärts. Kosten, die wiederum Krankenkassen nicht übernehmen. Da der Nutzen ohnehin höchst fragwürdig ist, ist der Standpunkt der Versicherungen völlig vertretbar. Denn, selbst wenn es positive Effekte geben sollte, ist nicht gesagt, wie lange diese anhalten. Viel eher sind die Verbesserung meist nur von kurzer Dauer, da sie auf andere Gründe zurück gehen, wie: einer erhöhten Aufmerksamkeit auf der Problem, Urlaubs-, Ausflugs und Naturfreude, sowie dem Erfahren von etwas Neuem. Sind diese Reize nach den kurzen Therapie (1-2 Wochen) nicht mehr gegeben, geht folglich auch der vermeindliche Therapieerfolg zurück. Zuletzt übrig bleiben enttäuschte Eltern, gefrustete Kinder und kranke oder sogar tote Delfine.