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Deutlich höhere Lebenserwartung bei einigen Walarten festgestellt

Einige Walarten leben deutlich länger als gedacht – Südkaper könnten bis zu 150 Jahre alt werden.

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Neue Studien zeigen, dass einige Walarten eine viel höhere Lebenserwartung haben, als bisher angenommen. Besonders bemerkenswert: Der Südkaper – auch als Südlicher Glattwal bekannt – könnte fast doppelt so alt werden wie frühere Schätzungen vermuten ließen.

Südkaper (Eubalaena australis), eine Unterart der Glattwale, gehören zu den langlebigsten Säugetieren der Welt. Laut einer neuen Studie, die am 20. Dezember in der renommierten Fachzeitschrift »Science Advances« veröffentlicht wurde, beträgt die durchschnittliche Lebensspanne dieser Wale etwa 73 Jahre. Doch einige Individuen könnten bis zu 131 Jahre alt werden, und ein kleiner Teil der Population könnte sogar ein Alter von 150 Jahren erreichen. Damit belegen die Südkaper derzeit den zweiten Platz in der Liste der langlebigsten Säugetiere – hinter dem Grönlandwal (Balaena mysticetus), dessen Lebenserwartung auf über 200 Jahre geschätzt wird.

© Shutterstock – Südlicher Glattwal mit Kalb vor der Valdes-Halbinsel, Argentinien.

Ein Blick auf die Südkaper: Leben im offenen Ozean

Südkaper leben in den kühleren Gewässern der südlichen Hemisphäre, insbesondere im Südatlantik, Südpazifik und rund um die Antarktis. Sie sind bekannt für ihre langsame Fortbewegung, ihre majestätischen Sprünge und ihre auffälligen Hautwucherungen, die sogenannten Schwielen, welche Forschern helfen, einzelne Tiere zu identifizieren.

Die Glattwale, zu denen die Südkaper gehören, verdanken ihren Namen ihrer glatten Haut ohne Rückenfinne. Während des 19. und frühen 20. Jahrhunderts wurden sie stark bejagt, da ihr fettreiches Blubber (Speckschicht) und ihr Verhalten – sie schwimmen langsam und sinken nach dem Tod nicht – sie zur »idealen« Zielart für Walfänger machten.

© Shutterstock – Südkaper sind für ihr spektakulären Sprünge bekannt.

Seit dem Verbot des kommerziellen Walfangs erholen sich die Bestände der Südkaper langsam. Wissenschaftler schätzen, dass heute weltweit rund 10.000 bis 15.000 Südkaper existieren. Im Vergleich dazu sind ihre nördlichen Verwandten, die Nordatlantischen Glattwale (Eubalaena glacialis), mit nur noch etwa 372 Individuen vom Aussterben bedroht.

Kombinierte Forschungsmethoden

Die Forscher griffen für ihre Erkenntnisse auf verschiedene Methoden zurück und kombinierten diese: Mithilfe von Fotos, die seit den 1970er Jahren aufgenommen wurden, identifizierten sie individuelle Weibchen anhand ihrer einzigartigen Merkmale und notierten, wann diese aus den Aufnahmen verschwanden – ein Hinweis darauf, dass sie verstorben sein könnten. Diese Daten flossen in mathematische Modelle ein, die ähnlich wie bei Versicherungsberechnungen genutzt wurden, um die Lebenserwartung von Individuen und ganzen Populationen zu schätzen.

© Shutterstock – Die wissenschaftliche Identifizierung mittels Fotos von Walfluken gibt es schon lange. Nun wurde sie durch die Nutzung etablierter mathematischer Modelle ergänzt.

Frühere Methoden, wie die Analyse von Ohrenschmalz-Schichten oder Harpunen-Funden, lieferten lediglich grobe Schätzungen. Oft wurden dabei die ältesten Individuen nicht berücksichtigt, da diese durch den kommerziellen Walfang des 19. und 20. Jahrhunderts bereits aus den Populationen entfernt worden waren.

Die neuen Ergebnisse zeigen nicht nur, dass Südkaper außergewöhnlich alt werden können, sondern auch, dass diese Langlebigkeit eng mit ihrem Fortpflanzungsverhalten verbunden ist. Weibliche Südkaper bekommen in der Regel nur alle zehn Jahre ein Kalb, was bedeutet, dass sich ihre Populationen sehr langsam erholen.

Unterschiedliche Lebensbedingungen und Bedrohungen

Ein bemerkenswerter Unterschied zwischen den Südkapern und ihren nordatlantischen Verwandten ist ihre Lebenserwartung. Während Südkaper bis zu 150 Jahre alt werden können, liegt die durchschnittliche Lebenserwartung der stark gefährdeten Nordatlantischen Glattwale bei nur 22 Jahren.

Die Gründe dafür sind vor allem menschliche Einflüsse: Die Nordatlantischen Glattwale leben in dicht besiedelten Küstengebieten entlang der Ostküste Nordamerikas, wo sie häufig mit Fischereiausrüstungen in Kontakt kommen oder von Schiffen erfasst werden. Hinzu kommen die Auswirkungen des Klimawandels, der ihre Nahrungsquellen beeinträchtigt.

Die Südkaper hingegen haben das Glück, in vergleichsweise ruhigen Gewässern wie dem Südpolarmeer zu leben, wo weniger menschliche Aktivitäten stattfinden.

Implikationen für den Schutz

Die Erkenntnisse über die Lebensspanne und das Fortpflanzungsverhalten der Südkaper könnten weitreichende Konsequenzen für den Schutz dieser und anderer Walarten haben. »Das Verständnis, wie lange wild lebende Tiere tatsächlich leben, hat große Auswirkungen auf die Art und Weise, wie wir sie schützen«, schreiben die Autoren der Studie, Peter Corkeron und Greg Breed, in einem Beitrag auf »The Conversation«.