Forschung mit Wirkung: Eine Studie des Berliner Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) zeigt, wie gezielte Lebensraumaufwertung Fischbestände in Baggerseen nachhaltig stärkt. Das Forschungsteam unter der Leitung von Professor Robert Arlinghaus erhielt dafür den renommierten Frontiers Planet Prize.
Sechs Jahre lang untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 20 Baggerseen in einem Vorher-Nachher-Kontrollversuch. Sie analysierten, wie sich zwei Maßnahmen auf die Fischfauna und andere Arten auswirken: das Aussetzen von Fischen und die ökologische Aufwertung durch Lebensraumgestaltung. Insgesamt beprobte das Team rund 160.000 Fische sowie viele andere Tier- und Pflanzenarten – vor und nach den Maßnahmen.
Hierbei lag der Fokus auf der strukturellen Aufwertung der Gewässer. Dazu wurden in einigen Seen neue Flachwasserzonen modelliert – flache, warme, pflanzenreiche Uferbereiche, die Jungfischen als Kinderstube dienen. Zusätzlich brachten die Forschenden Totholz ins Wasser ein, um Verstecke, Laichplätze und Nahrungsräume für viele Arten zu schaffen. Diese Eingriffe ahmten natürliche Strukturen nach, die in vielen Baggerseen fehlen.
Allein 40.000 Fische wurden individuell markiert, um ihre Entwicklung zu verfolgen. Das Ergebnis ist eindeutig: Die Schaffung von Flachwasserzonen wirkt besonders positiv. Sie verbessert die Fortpflanzung und Vermehrung der Fische und fördert zugleich die Vielfalt anderer Organismen wie Libellen oder Wasserpflanzen. Damit zeigt die Studie: Ein ökosystembasiertes Management bringt langfristige Vorteile für Gewässerlebensräume.
Im Vergleich
Im Vergleich dazu zeigte sich die bisher gängige Praxis des Fischbesatzes – also das gezielte Einsetzen von Fischen – als deutlich weniger wirksam. Obwohl Angelvereine und andere Naturschutzakteure weltweit auf Fischbesatz setzen, brachte diese Methode in der Studie kaum messbare Verbesserungen für die Fischpopulationen. Auch das Einbringen von Totholz zeigte teils positive Effekte, blieb aber hinter dem Nutzen von Flachwasserzonen zurück.
Der Handlungsbedarf ist groß: Süßwasserfische gehören weltweit zu den am stärksten gefährdeten Wirbeltieren. In Deutschland steht laut Roter Liste jede zweite Art auf der Liste der bedrohten Arten. Die Hauptursachen sind der Verlust geeigneter Lebensräume, menschlicher Zivilisationsdruck und invasive Arten. Der Rückgang der Fischbestände betrifft nicht nur die Biodiversität, sondern auch die gewerbliche und die Angelfischerei. Die Studie zeigt, wie Gewässerrenaturierung effektiv gelingen kann – mit wissenschaftlich belegtem Nutzen für Artenvielfalt, Wasserqualität und Fischbestand.
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