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Zwischen Finsternis und Farbexplosion: Makrotauchen auf Romblon

Auf der Suche nach einem der besten Makro-Hotspots der Welt wurden unsere Autoren vor der philippinischen Insel Romblon fündig – einem Tauchgebiet voller bizarrer Kleinstlebewesen, farbenprächtiger Critter und spektakulärer Blackwater-Erlebnisse.

David Benz

Text: Melanie & David Benz | Romblon – Makrofotografie und Tauchen

Die beiden Amerikaner Dave und Lisa lachen. Sie haben die Blackwater-Taufe schon lange hinter sich und wissen, was die endlose Dunkelheit in der nächsten Stunde für uns bereithält: »You will love it or you will hate it. That‘s it!« Aufmunternde Worte vor unserem allerersten Blackwater-Tauchgang. Mit einer beherzten Rolle rückwärts zieht uns schließlich der dunkle Arm der Finsternis von der Bangka hinunter in die allgegenwärtige Düsternis vor Romblon.

Begegnung der dritten Art: Wie ein Außerirdischer, ein durchsichtiger kleiner Alien, schwebt ein juveniler Mimik-oktopus durch die Finsternis des Romblon Pass.

Um uns herum nur tiefes Schwarz. Der Meeresgrund? Unsichtbar. Die Wasseroberfläche? Nur einen Lichtschein entfernt. In genau dieser Dunkelheit vollzieht sich gerade eine riesige vertikale Tierwanderung. Millionen mikroskopisch kleiner Lebewesen steigen aus den Tiefen des Romblon Pass zur Wasseroberfläche auf, um unter dem Schutz der Nacht zu fressen. Eine Freak-Parade bizarrer, leuchtender und oft noch unentdeckter Kreaturen. Und wir mittendrin!

Zugegeben, Romblon bietet neben Blackwater-Tauchgängen noch endlos viele weitere Gründe, die lange Anreise auf diese authentische und kunterbunte Philippinen-Insel auf sich zu nehmen. Schon mal vom Bon Bon Beach oder dem Sunbird Ridge Café gehört? Nein? Sollte man aber – schließlich wird der Strand auf Platz 38 der weltweit schönsten Strände gehandelt. Zurecht. Und das Café bietet die Möglichkeit, Romblons Vogelwelt aus direkter Nähe zu erleben. Und das alles ohne Massentourismus.

Bon Bon Beach auf Romblon – ein Traumstrand, wie man ihn besser nicht entwerfen könnte.

Wer die Philippinen-Insel als Taucher auf seiner Bucket List hat, sollte aber auf jeden Fall eine gewisse Affinität zur Makrofotografie und zu skurrilen Kleinstlebewesen, oft im Millimeterbereich, haben. Denn Tauchgänge rund um Romblon sind nichts für den schnellen Kick. Wer auf der Suche nach majestätischen Haien und riesigen Schwärmen von Fischen ist, wird hier eher enttäuscht. Doch für jene, die sich auf die kleinen, nahezu unsichtbaren Überraschungen der dortigen Unterwasserwelt einlassen wollen, ist Romblon ein wahres Paradies. Es ist eine Welt der winzigen Details, der leisen Sensationen.

Gesucht und gefunden: Das »Three P Dive Resort«

Im »Three P Dive Resort« gibt es keinen Luxus im üblichen Sinne, aber das ist auch nicht nötig. Die wahre Schönheit liegt in der Einfachheit und Authentizität dieses Ortes, und genau das macht ihn so besonders. Hier ist alles auf das Wesentliche reduziert, ohne dass man etwas vermisst. Es ist ein Ort mit Herz, gegründet von Philipp, Peter und Patrick. Die drei Namensgeber des »Three P« haben hier eine Oase geschaffen, in der sich alles um Makro-Tauchgänge dreht.

Der Inhaber Philipp (re.) mit Chefkoch David.

Über Jahre wurde akribisch jeder Tauchplatz entdeckt und seziert. Peter, Patrick, Philipp und seine Frau Kati fanden sich kurzerhand in einem Wettstreit wieder. Wer findet den verrücktesten Critter? Wo lebt der seltenste Shrimp? Und wo sichtet man die bizarrste Nacktschnecke? All diese Anstrengungen führten zu dem Ergebnis, dass Romblon nach all ihren Entdeckungen gefühlt das Epizentrum des maritimen Makrokosmos darstellt.

Der »Heilige Gral« der Nacktschnecken

Die Sonne versinkt langsam hinter den grünen Hügeln der Insel Tablas und taucht das Resort in warmes Gold. Ein leichter Wind streicht über das Wasser, trägt das leise Rauschen der Wellen ans Ufer und vermischt sich mit dem Klang der umherfliegenden Zucker- und Eisvögel. Ein weites Meer, das in unzähligen Blautönen schimmert, und Küsten, die von üppigem Grün und weißen Stränden gesäumt sind.

Bartgrundel

Doch hinter dieser Idylle verbirgt sich eine der faszinierendsten Makrowelten der Philippinen. Schon bei unserem ersten Tauchgang wird klar: Romblon ist anders. Es gibt keine überlaufenen Divespots, sondern eine Unterwasserwelt, die mit jeder Abwärtsbewegung neue Wunder enthüllt.

Die Autorin Melanie Benz (li.) mit Diveguide Rosebe.

Unser Tauchguide Rosebe verspricht uns gleich zwei Highlights: eine Melibe Colemani – der Heilige Gral unter den Nacktschnecken – und mit etwas Glück einige der Schmetterlings-Nacktschnecken. Schon wenige Minuten später gleiten Cyerce Elegans, Cyerce Nigra und Cyerce Bourbonica elegant über den Laufsteg der schönsten Nacktschnecken.

Während sich die Speicherkapazität unserer Kamera verringert, zeigt Rosebe auf eine Melibe Digitata, einer noch befremdlicheren Art der Melibe-Familie. Nur ein paar Flossenschläge entfernt posiert ein zwergenhafter Hairy Shrimp. Ein Denise-Pygmäenseepferdchen trifft sich mit einer Garnele in einer umherwiegenden Gorgonie. Pontohi- und Severn‘s-Pygmäenseepferdchen stehen Modell – ein Novum, das Fotografen begeistert.

Nikolaus-Pygmäen-Seepferdchen

Makro-Wahnsinn pur

Und immer wenn man denkt, es geht nicht besser, belehrt uns Rosebe eines Besseren. Pink Eye Goby neben Bearded Goby, eine in Flammen getauchte Fadenschnecke leuchtet wie ein Feuerwerk. Zwei Zwergtintenfische versinken im Liebesrausch. Ein Coconut-Oktopus sucht Schutz in seinen Muschelhälften, während sich der Chocolate Shrimp wortwörtlich von seiner Schokoladenseite zeigt.

Viele Jahre ist es her, als die erste Melibe Colemani vor Romblon entdeckt wurde. Philipp vom »Three P« war der Erste, der sie 2015 auf den Philippinen sichtete. Spezielle Habitate wurden studiert, jedes Detail dokumentiert. Dieses Know-how wurde an die Diveguides weitergegeben. Als eines Tages 14 Melibe Colemani auf einem Tauchgang gefunden wurden, war dies der Startschuss zum ultimativen Makro-Hype. »Wir sind Romblon!« sagt Philipp schmunzelnd.

Sashimi Surprise

Die Zahl der internationalen Unterwasserfotografen zeigt sich im Kamerabecken: Dicht gedrängt warten die Gehäuse wie Rennboliden auf den nächsten Start. Bei Einbruch der Nacht verspricht Rosebe uns eine absolute Rarität: den Sashimi-Shrimp.

Der winzige, kaum reiskorngroße Shrimp zeigt sich in Avocado-, Lachs- oder Weiß-Braun-Tönen. Und es geht weiter: Drei verschiedene Pygmäenseepferdchen-Arten auf einem einzigen Tauchgang, die seltene Leopardengarnele und zum Abschluss ein farbintensiver Tunicate Shrimp.

Achtung, Alien-Alarm!

Papierboote oder Argonauten (Argonauta) sind eine Gattung der Kopffüßer (Cephalopoda) in der Verwandtschaftsgruppe der Kraken (Octopoda). Sie sind die einzige rezente Gattung der Familie Argonautidae.

Ein letzter Blackwater-Tauchgang. Zwischen Dunkelheit und Licht erleben wir eine Szenerie, die an ferne Galaxien erinnert. Eine kleine Qualle hier, eine Schwimmkrabbe da. Dann ein juveniler Mimik-Oktopus, durchsichtig und fremdartig wie ein Alien. Kurz vor Ende stiehlt ein Papier-Nautilus die Show, der per Anhalter auf einem Blatt durch die maritime Galaxis reist.

Die Tauchgründe um das »Three P Dive Resort« verbergen unzählige Geheimnisse – kleine Sensationen, die nur darauf warten, entdeckt zu werden.

Reiseinfos: Romblon

Anreise: Mit Singapore Airlines via Singapur oder mit Cathay Pacific via Hongkong nach Manila. Weiterfahrt per Shuttle nach Batangas und Fähre über Nacht nach Romblon. Die letzten Minuten zum Three P Dive Resort erfolgen traditionell per Tricycle.

Unterkunft: Das Three P Dive Resort bietet Platz für 25 Gäste mit verschiedenen Zimmerkategorien, Bungalows und komfortablen Kameratischen.

Essen: Küchenchef David und seine Crew bieten täglich landestypische und internationale Küche.

Tauchen: 6 Bangkas, 11 Diveguides, Classic-, Super- und Pro-Pakete. Über 30 Divespots, Blackwater auf Wunsch.

Reisezeit: Hauptsaison November bis Juni.

Mehr Infos: www.the-three-p.com.
Buchbar bei www.aquaventure-tauchreisen.de

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