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Herzinfarkt und Tauchen

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T Prof. Dr. Claus-Martin Muth & Prof. Dr. Tim Piepho

Das Herz ist der Motor des Lebens, der dafür ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden muss. Wie jedes andere Organ auch, benötigt das Herz für seine Versorgung Blutgefäße und zwar hier die Herzkranzgefäße. Diese sind in der Lage, sich je nach Bedarf und den Umständen zu verengen oder den Gefäßdurchmesser zu erweitern, allerdings lagern sich innen an der Gefäßwand durch »gutes Leben« auch Kalk und Blutfett ab, was das Gefäß weniger elastisch macht und den Gefäßdurchmesser einengt. Diese Ablagerungen behindern in gewisser Weise den Blutfluss in dem Gefäß, was länger ohne negative Folgen sein kann. Wird aber der Sauerstoffbedarf des Herzens größer, als mit diesem eingeschränkten Blutfluss zu erreichen ist, wie es bei größerer körperlicher Anstrengung der Fall ist, oder zusätzlich bei Kälte, mit zusätzlicher kältebedingter Gefäßengstellung, kann das Herz einen Sauerstoffmangel erleiden. Die Folge sind eine eingeschränkte Belastbarkeit wegen Luftnot und vor allem Brustschmerzen. Diese Brustschmerzen werden als Brustenge empfunden, es liegt ein so genannter »Angina pectoris«-Anfall vor. Es kann aber auch sein, dass der Schmerz an anderer Stelle wahrgenommen wird. So können mit und ohne Brustbeschwerden auch die Arme, der Rücken, der Bauch oder der Unterkiefer schmerzen. Dies muss noch kein Herzinfarkt sein, sondern eben »nur« eine Angina pectoris (wörtlich: Brustenge) ohne Verschluss eines Herzkranzgefäßes.

Der Infarkt

Der Herzinfarkt wird hingegen durch einen plötzlichen Verschluss eines Herzkranzgefäßes ausgelöst. Bei diesem akuten Gefäßverschluss wird das von der Durchblutung abhängige Herzmuskelgewebe abrupt nicht mehr mit Sauerstoff versorgt, was zum Tod von Herzmuskelzellen mit unwiederbringlicher Schädigung führen kann. Wird das Ereignis überlebt, bilden sich hier Narben ohne voll funktionsfähige Herzmuskelzellen aus, was die Pumpfunktion einschränken kann. Außerdem, kommt es zu Störungen des Herzrhythmus. Folge sind nicht nur heftigste Brustschmerzen, sondern auch Luftnot und bedrohliche Herzrhythmusstörungen bis hin zum lebensbedrohlichen Kammerflimmern oder auch völligen Herzstillstand. Setzen nicht sofort Wiederbelebungsmaßnahmen ein, drohen irreparable Schäden und der Tod binnen weniger Minuten. Beim Herzinfarkt liegt also ein kompletter Verschluss eines oder mehrerer Herzkranzgefäße vor.

Tauchen danach?

Für die Praxis heißt das zunächst, dass ein durchgemachter Herzinfarkt zunächst mal grundsätzlich und auf Dauer als Kontraindikation gegen das Tauchen gilt. Allerdings kann in Einzelfällen ein Tauchen möglich sein. Ein stattgefundener Herzinfarkt stellt zunächst also immer einen Ausschlussgrund vom Tauchen dar. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass es, wie beschrieben, durch den Infarkt zu einer Schwächung des Herzmuskels, zur Ausbildung von Narben im Herzmuskel und zum vermehrten Auftreten von Rhythmusstörungen kommen kann, insbesondere bei Belastung (etwa durch Schwimmen gegen die Strömung, oder Volumenbelastung des Herzens bei vermehrtem venösen Rückstrom zum Herzen, wie er beim Tauchen durch verschiedene Mechanismen erfolgt). Gerade beim Tauchen in heimischen Gewässern kommt es zudem zu einem ausgeprägten Kältereiz, was zu einer Gefäßengstellung führt. Dies kann bei ohnehin vorgeschädigten Herzkranzgefäßen unter Umständen erneut zu einem Herzanfall bis zum Herzinfarkt führen.

Andererseits ist aber Infarkt nicht gleich Infarkt, so dass mit gewissen Restbedenken in bestimmten Fällen durchaus Tauchen möglich ist. So gelten zum Beispiel solche Taucher als tauchtauglich, bei denen das Infarktereignis länger als ein Jahr zurück liegt, die im Prinzip voll leistungsfähig sind, das heißt die unter Belastung keine Angina pectoris oder andere Beschwerden entwickeln, ebenso keine Rhythmusstörungen und bei denen die sogenannte Hämodynamik nicht beeinträchtigt ist: es liegt keine Störung der Pumpfunktion des Herzens vor. So schreibt die Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin (GTÜM) in ihren Leitlinien zur Tauchtauglichkeit, dass bei bekannter »koronarer Ein-Gefäß KHK« die Belastungsergometrie zwingend erforderlich ist. Ein Kandidat mit einer in der Koronarangiografie nachgewiesenen Ein-Gefäßerkrankung, der vor einem Jahr einen kleinen Herzinfarkt hatte, aber sonst gesund ist und ein normales Belastungs-EKG zeigt, ohne Arrhythmien und mit normalen Blutdruckwerten, kann als tauglich bezeichnet werden.

Fazit

Im Falle eines stattgefundenen Infarktes gilt das oben gesagte, im Falle der durchgeführten Dilatation und Stent-Anlage als Therapie gilt, dass eine Tauchtauglichkeit dann gegeben ist, wenn es auch unter Belastung zu keinerlei auffälligen EKG-Befunden im Sinne einer Versorgungsstörung des Herzmuskels und Herzrhythmusstörungen kommt. Dies kann mit einem Belastungs-EKG herausgefunden werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass es wirklich zu einer Belastung kommt. Das heißt, dass eine adäquate Mindest-Belastbarkeit vorliegt. Zusätzlich sollten in allen Fällen sonografische Kontrollen der Herzfunktion (Echokardiografie, Stressecho) durchgeführt werden. Diese Befunde sind zur Kontrolle jährlich zu erheben. Sind diese Befunde unauffällig, spricht nichts gegen das Tauchen, wenn konservativ und in warmen Gewässern getaucht wird. Musste aber eine Bypass-OP mit chirurgischer Eröffnung des Thorax erfolgen, handelt es sich hingegen immer um Einzelfallentscheidungen.

Allgemeine Empfehlungen für Taucher

  • Gesundheitsuntersuchung zur Erkennung von Herz-Kreislauferkrankungen und Risikofaktoren
  • regelmäßige und gewissenhafte Tauchtauglichkeitsuntersuchung nach den Empfehlungen der GTÜM
  • Beeinflussung vorhandener Risikofaktoren für Herzinfarkt und Schlaganfall
  • No smoking!
  • Tauchen nach erlittenem Herzinfarkt nur nach Beurteilung durch Kardiologen und Taucherarzt 

Maßnahmen durch den Ersthelfer bei Herzinfarkt

  • Alarmierung des Rettungsdienstes
  • 100% Sauerstoff, wenn Symptome nach Tauchgang
  • Lagerung mit erhöhtem Oberkörper (Ausnahme: Herz-Lungen-Wiederbelebung, Lagerung dann flach)
  • Nitro-Spray nehmen lassen, ggf. dabei behilflich sein, aber keinesfalls daran hindern
  • enge Überwachung des Patienten einschließlich der Vitalfunktionen
  • dabei, wenn möglich, den Patienten beruhigen
  • ggf. Herz-Lungen-Wiederbelebung, diese möglichst mit 100% Sauerstoff

Unsere Experten

Prof. Dr. Claus-Martin Muth ist Facharzt für Anästhesiologie und Notfallmedizin. Er arbeitet am Universitätsklinikum in Ulm.

Prof. PD Dr. Tim Piepho ist Leiter der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin am Brüderkrankenhaus Trier.