Praxis

Apnoetauchen – Probleme beim Druckausgleich? Das hilft Dir!

Unser hauptberuflicher Apnoetaucher weiß aus seiner Vergangenheit als Gerätetauchlehrer, dass der Druckausgleich für Freediver, Schnorchler und Taucher zum Problem werden kann. Was man dagegen tun kann, verrät Nik Linder hier.

Titel: Ivana Orlovic Kranjc

TEXT – Nikolay Linder

Es ist wieder einer dieser Tage, an denen alles möglich erscheint. Unsere türkische Gulet, ein traditionelles Holzschiff, liegt in der Sonne und wiegt sanft auf dem Wasser hin und her. Wie immer ist es an unserem Tauchplatz tief, klar und extrem ruhig.

Perfekte Bedingungen, um an der Boje in die Tiefe zu tauchen. Nach meiner entspannten Bauchatmung an der Boje nehme ich einen tiefen Atemzug und mache einen Druckausgleich an der Wasseroberfläche, um vorab ein Luftpolster durch meine Eustachische Tube ins Mittelohr zu drücken.

Danach komplettiere ich den »Duckdive« und nehme die ersten Meter meiner geplanten 50-Meter-Strecke in die Tiefe in Angriff. Doch bereits nach sechs Metern ist Schluss! Der Druckausgleich in meinem rechten Ohr funktioniert nicht, und ich muss den Tauchgang abbrechen. Würde ich den Druckausgleich forcieren, hätte ich die nächsten Tage sehr wahrscheinlich einen gereizten Gehörgang und könnte dann erstmal mit dem Tauchen aussetzen.

Warum gibt es beim Apnoetauchen häufiger Druckausgleichsprobleme?

Beim Freediving oder Schnorcheln ist der Druckausgleich häufiger ein Problem als beim Gerätetauchen. Hierfür ist das schnelle, kopfüber Abtauchen verantwortlich. Taucht man kopfüber ab, sammelt sich die Luft an der höchsten Stelle des Körpers. Das ist in dieser Position eben leider die Lunge und nicht der Mund-Rachen-Raum. Doch dort soll der Druckausgleich stattfinden.

Die Abstiegsgeschwindigkeit von über einem Meter pro Sekunde tut ihr Übriges, denn sehr oft geschieht der Druckausgleich zu spät. Daher erfolgt beim Tauchen mit nur einem Atemzug der Druckausgleich schon vor dem Druckgefühl. Beim Schnorcheln und Freediving bleibt während des Abstiegs die Hand an der Nase, und es wird in regelmäßigen Abständen sanft Druck im Mittelohr aufgebaut.

Dabei lässt der Taucher gelegentlich etwas Luft durch die Nase in die Maske entweichen, um auch dieser Unterdruck auszugleichen. Probleme beim Druckausgleich, egal ob im Mittelohr oder in den Nasenneben- bzw. Stirnhöhlen, machen keinen Spaß. Daher finden Sie hier Ideen und Möglichkeiten, Druckausgleichsprobleme zu vermeiden. Diese reichen von der Ernährung über Kneippgüsse bis hin zur Operation.

Trockene Luft und Nasenatmung

Oft ein großes Problem sind der Hinflug zum Urlaubsort und die trockene Luft im Flugzeug sowie die Klimaanlage im Hotelzimmer. Die trockene Luft trocknet auch unsere Nasenschleimhaut aus. Das führt dazu, dass die trockene Nase verstopft. Hier helfen eine ganze Reihe von Übungen.

Die vorsichtige Massage der Nase mit dem Daumen und dem Zeigefinger führt dazu, dass die Nase durchblutet und die Nasenschleimhaut befeuchtet wird. Durch eine feuchte Nase atmet man erheblich leichter. Außerdem transportiert eine feuchte Nase leichter den Schleim ab.

© Foto: Phil Simha – Die Massage der Nase mit Daumen und Zeigefinger führt zu einer guten Durchfeuchtung der Nasenschleimhaut.

Ohrenmassage

Massieren Sie ebenso, wie Sie die Nasenflügel massiert haben, nun Ihr Ohr. Gehen Sie mit Daumen und Zeigefinger die Ohrmuschel entlang nach unten und beenden Sie die Massage, indem Sie mit den Zeigefingern die kleine Vertiefung am unteren Ende hinter dem Ohr massieren. Nach einigen Minuten dieser wohltuenden Massage ist Ihr Ohr gut durchblutet, und der Druckausgleich wird Ihnen leichter fallen.

Das Massieren der Ohrmuscheln kann mit dem Hin- und Herbewegen des Unterkiefers kombiniert werden.

Reinigung der Nase und Stirnhöhlen

Allergien, Heuschnupfen oder Verschleimung können dazu führen, dass die Nase verstopft, gereizt und im schlechtesten Fall auch die Stirnhöhle »zu« ist. In diesem Fall kann eine Nasenspülung gemacht werden. Die Flimmerhärchen der Nase fangen Pollen, Krankheitserreger und vieles mehr bei der Nasenatmung ab. Durch die Nasenspülung mit einer Salzlösung wird die Nase gereinigt.

Problematischer wird es, wenn die Stirnhöhle »zu« ist. Hier ist kurzfristige Hilfe mit einer Inhalation möglich. Im Hotel nutze ich dazu gern einen Wasserkocher, den ich, nachdem das Wasser gekocht hat, öffne und dann vorsichtig den heißen Dampf inhaliere. Wer mehr Zeit hat, kann die Inhalation auch mit Kräutern wie Kamille, Salbei oder Eukalyptus aufwerten und so die positive Wirkung erhöhen.

Zerstäuber bieten die Möglichkeit, feinste Aerosole auch in entlegene Stellen unseres Atemapparats zu transportieren und diesen zu reinigen.

Noch effektiver ist ein Zerstäuber wie zum Beispiel von Pari, der zusätzlich dafür sorgt, dass die feinen Aerosole ihren Weg in die Schleimhäute finden. Geeignete Inhalationsgeräte generieren aus einer Salzlösung einen feinen Nebel. Wird dieser inhaliert, gelangt die zerstäubte Salzlösung unmittelbar an die Schleimhäute unserer Atemwege.

Warum das so wichtig ist? Die Schleimhäute unserer Atemwege fungieren quasi als erster Schutzwall gegen Eindringlinge wie Viren, Pollen und andere Fremdkörper. Ist die Schleimhaut durch trockene Luft oder Kälte beeinträchtigt, haben diese Eindringlinge leichtes Spiel. Die Inhalation von isotoner Kochsalzlösung unterstützt die natürliche Barrierefunktion der Schleimhäute.

© Foto: Phil Simha – Befeuchtet und reinigt die Nase: Nasenspülung mit temperiertem Wasser und Salz ohne künstliche Rieselhilfe.

Ist man auf Reisen Klimaanlagen oder anderen ungünstigen Bedingungen wie starkem Pollenflug ausgesetzt, sollte man am besten täglich inhalieren. Auch der gute alte Sebastian Kneipp hat uns dazu eine passende Wasseranwendung hinterlassen, die entzündungshemmend auf Stirn, Nase und Nebenhöhlen wirkt: der Gesichtsguss. Wie er funktioniert, wird unter dem Bild erklärt.

Beim Gesichtsguss wird kaltes Wasser entweder mit einer Gießkanne oder einem Schlauch mehrfach horizontal über die Stirn und dann vertikal über das Gesicht gegossen, bevor das gesamte Gesicht drei- bis viermal im Uhrzeigersinn mit dem Wasserstrahl umrundet wird.

Verengte Tuben

Einige Taucher haben enge Eustachische Tuben und daher Schwierigkeiten beim Druckausgleich. Besonders problematisch sind diese verengten Tuben beim Apnoetauchen. Denn eine enge Tube und eine schnelle Abstiegsgeschwindigkeit führen dazu, dass die Tube sehr früh blockiert.

Apnoetaucher behelfen sich, indem sie einen konstanten Druck mithilfe der Zunge im Mund aufbauen, um so die Eustachische Tube immer unter Druck zu halten. Die Tube kann man natürlich auch weiten, indem man ein wenig Gymnastik mit ihr macht. Zum einen kann der Druckausgleich im Hinblick auf einen Tauchurlaub oder Tauchgang immer wieder gemacht werden, das öffnet die Eustachische Tube immer wieder.

Zunächst wird der Otovent mit dem Mund aufgeblasen. Anschließend wird ein Nasenloch geschlossen und der Otovent auf das geöffnete Nasenloch gesetzt. Der Druck weitet die Tuben, und parallel kann mit der Zunge gegen den Daumen gedrückt werden.

Auch wenn die Tube ein Knorpel ist, wird sie doch von einem Muskel bewegt, den man so trainieren kann. Man kann die Tuben aber auch operieren lassen. Dieser Eingriff ist eigentlich gar keine Operation, denn »es wird nichts geschnitten«. Es wird lediglich ein Draht, an dem sich am Ende ein Ballon befindet, mit einer kleinen inneren Bohrung durch die Nase in die Tube gesteckt. Dort wird der Ballon mit Kochsalzlösung aufgepumpt und je Ohr zwei Minuten dringelassen. Ein kurzer und schmerzfreier Eingriff. Zu beachten ist nur, dass alles unter Vollnarkose stattfindet.

Weitere Infos:
hno-praxis-muenchen.com/belueftungsstoerungen
und
tauchersprechstunde.de

Stress vermeiden!

Mit die häufigsten Ursachen für Druckausgleichsprobleme sind Nervosität, Unbehagen und Stress. Fühle ich mich nicht wohl und bin angespannt, so kann auch der Druckausgleich zum Problem werden. Ich muss also meinen persönlichen »Druck ausgleichen«.

Das heißt: Auf eine Anspannung sollte eine Entspannung folgen. Die Vorfreude und Aufregung auf einen Tauchgang kann ebenso stressen wie die Furcht und Angst vor Überforderung. Daher sollte man nur die Tauchgänge machen, die man sich zutraut.

Und vor dem Tauchen, so wie ich bei meinem Apnoetauchgang in der Türkei, erstmal ruhig in den Bauch atmen, um den Puls zu senken und geistig und körperlich zu entspannen. Dann ist man bereit zum Abtauchen.