TEXT: Sven O.
In Griechenland angekommen, ging es sofort zur nächsten Tauchbasis, um einen Tauchgang klarzumachen. Der bevorstehende Ausflug beinhaltete zwei Tauchgänge. Der erste Tauchgang sollte zum Zenobia-Wrack gehen (Anm. d. Red.: das Wrack der Zenobia befindet sich vor der Küste der Republik Zypern. Dort wird griechisch gesprochen. Daher kam es laut dem Autor zu einer Verwechselung). Der zweite Abstieg sollte dann wenige Fahrminuten entfernt Richtung Küste als flacher Tauchgang erfolgen.
So ging es mit dem Schiff Richtung Zenobia-Wrack auf die offene See. Unser Boot war ein großer »Tauchkutter«, ausgestattet mit allem, was man sich wünscht. Nach fünf Minuten Fahrt waren wir angekommen. Wir legten unsere Tauchausrüstung an und ckeckten alles.
Fehler 1: Im Urlaub ankommen und direkt tauchen zu wollen, das ist nachvollziehbar. Allerdings sollten sich Taucher und Basis Zeit für einen Check-Dive nehmen. Das ist unabhängig davon, ob man mit Leihausrüstung oder eigenem Equipment taucht.
(Der ursprüngliche Artikel wurde um diesen Absatz ergänzt)
Als Ausrüstung bekamen wir unter anderem eine 12-Liter-Flasche, da es sich um einen tiefen Tauchgang auf über 35 Meter handeln sollte. Ich legte also meine Ausrüstung an und prüfte kurz mein Tarierjacket, indem ich den Lufteinlass prüfte, jedoch das Jacket aufgrund eines falschen Ehrgeizes, mit der Luft zu sparen, nicht komplett aufblies (Anm. d. Red.: selten bläst jemand bei einem schnellen Check sein Jacket vollständig auf, vor allem, wenn man bereits auf dem Boot sitzt. Beim Vorab-Check an der Basis ist ein solcher Check unbedingt anzuraten). Der Buddy-Check verlief ohne Probleme. Ab ging‘s ins kühle Nass.
Fehler 2: Ausrüstung sollte vor dem Boarding des Bootes auf Vollständigkeit und auf Funktionsfähigkeit überprüft werden (lesen Sie unten, wie ein Jacket auf Dichtigkeit geprüft wird). Vor allem Leihausrüstung sollte bereits bei der Übergabe in der Basis geprüft werden. Auch die Tauchbasis sollte vor Ausgabe von Leihausrüstung deren Funktionstüchtigkeit sicherstellen.
Wir tauchten dem Diveguide nach und begannen an einer Leine auf 30 Meter Tiefe zu sinken. Immer wieder füllte ich Luft ins Jacket und sank und sank und sank. Da ich Luft sparen wollte, war ich auch mit dem Aufblasen des Jackets geizig. Auf 35 Meter Tiefe am Zenobia-Wrack angekommen, wollte ich gewichtsneutrale Tarierung herstellen. Das gelang mir jedoch nicht, da ich keine Luft in mein Jacket bekam. Der Diveguide war schon nach vorn verschwunden, gefolgt von der restlichen Gruppe. Wer war allein? Ich! Also schnell Gas geben und der Gruppe folgen, war meine Devise. Dann endlich hatte ich die Gruppe eingeholt, suchte den Guide und meinen Buddy.
Fehler 3: Warum ist der Tauchpartner jetzt und beim Abstieg nicht in der Nähe? Genau für solche Fälle ist das Buddy-System gedacht.
Niemanden in der Gruppe schien meine Lage zu interessieren, obwohl ich mein Problem signalisierte. Alle tauchten am schief gelegenen Wrack auf 35 Meter Tiefe weiter. Ich »humpelte« hinterher und versuchte, mit meinem Flossenschlag die fehlende Tarierung auszugleichen. Das gestaltete sich schwierig. Jetzt ging es über eine Vertiefung am Riff, die ich überwinden musste. Hätte ich das mit meinem Flossenschlag nicht ausgeglichen, wäre ich weitere 15 Meter abgesackt.
Aufgrund meiner Anstrengung und vor allem meiner Angst war ich einem Essoufflement nah, konnte das aber Gott sei Dank nach einer kurzen Schwimm- und Strampelpause in den Griff bekommen. Die Gruppe war immer noch verschwunden. Sie interessierte es scheinbar auch nicht, dass ich weg war.
Fehler 4: Hier gehört dem Diveguide ordentlich der Kopf gewaschen. Aufgabe und Job verfehlt! Ein solches Problem muss von einem Profi unter Wasser wahrgenommen werden. Auch der Tauchpartner hat hier grob seine Aufgabe vernachlässigt. Natürlich kommen in dieser Situation Zweifel an den Kommunikationsfähigkeiten aller Beteiligten auf.
Bei meiner Pause überlegte ich, was zu tun sei. Werfe ich nach Lehrbuch mein Blei ab und tauche ohne Leine und Orientierung auf? Oder folge ich der Gruppe? Mir gingen so blöde Gedanken durch den Kopf wie: Was sagt der zu mir, wenn ich ohne Blei auftauche und vor allem auf einmal weg bin? Heute könnte ich über meine Bedenken in der Luft zerspringen. Also kämpfte ich mich weiter über den Abhang hinweg Richtung Tauchgruppe. Als ich diese endlich erreichte, konnte ich dem Diveguide nochmals signalisieren, dass mir aufgrund der fehlenden Luftfüllung keine Tarierung gelang, denn das Auslassventil meiner Weste war scheinbar nicht dicht.
Das Erschreckende: Der Diveguide zuckte mit den Schultern und gab mir zu verstehen: Ist halt so. Was soll ich machen? Er gab mir Zeichen, dass er mich mit stützen und den Tauchgang fortführen wollte.
Fehler 5: Als erfahrener Diveguide sollte man den signalisierten Fehler unbedingt ernst nehmen und begutachten. Ein undichtes Auslassventil ist schnell zu erkennen an der austretenden Luft. Es kann häufig einfach wieder fest geschraubt werden. Der Tauchgang kann dann problemlos fortgesetzt werden. Gelingt die Schnellreperatur nicht, sollte der Tauchgang sofort gemeinsam sicher beendet werden.
Ich dachte, jetzt geht es endlich Richtung Wasseroberfläche, und das Horrorszenario hat ein Ende. Falsch gedacht! Der Diveguide führte den Tauchgang weiter mit mir durch und wollte nun durch Wrack und Brücke tauchen. Jetzt ging bei mir gar nichts mehr. Denn was ich sah, ging nochmals 20 Meter in die Tiefe. Da hatte ich keine Lust, ohne Tarierung hinzuschwimmen.
Daher signalisierte ich: »Sofort auftauchen an der Leine«. Das tat der Diveguide aufgrund meines energischen Auftretens dann auch. Nach dem Sicherheitsstopp an der Wasseroberfläche angekommen, erklärte ich ihm auf Englisch, was los war. Nur interessierte ihn das nicht. Ich wollte sofort zurück zum Ufer.
Er sagte, ich hätte doch zwei Tauchgänge gebucht? Er konnte meine Situation nicht verstehen. Dennoch ging es zurück Richtung Hafen. Das ärgerte ihn, da er den Weg extra in Kauf nehmen musste, obwohl er mit den übrigen Tauchern einen zweiten Tauchgang vor Ort machen wollte, ohne vorher in den Hafen zurückzukehren.
Fazit
Für mich stellte sich nach diesem Tauchgang wieder einmal heraus: Prüfe die Tauchbasis und schaue, ob der Diveguide okay ist (Anm. d. Red.: Das ist leider nicht immer sofort offensichtlich). Suche dir deinen Tauchpartner sorgsam aus. Nimm im Notfall keine Rücksicht auf eventuell verlorene oder abgeworfene Ausrüstung. Tauche, wenn möglich, nur mit eigener Ausrüstung. Prüfe bei den ersten Tauchgängen im Urlaub möglichst jede Kleinigkeit genau und lasse immer eine gewissen Vorsicht walten. ENDE der Fallbeschreibung.
TIPPS ZUR VERMEIDUNG EINES SOLCHEN VORFALLS
Ein flacher, obligatorischer Check-Dive hätte in diesem Fall die Probleme an der Tarierweste offenbart. Ausserdem bringt ein solcher Tauchgang nach Anreise, Ankunft und Akklimatisierung Sicherheit und mehr Ruhe. Insbesondere wenn tiefere Wracktauchgänge geplant sind. Den ersten Tauchgang eines Urlaubs zu einem versunkenen Schiff, dessen Maximaltiefe bei 42 Metern liegt, zu unternehmen, ist nicht ratsam.
(Der ursprüngliche Artikel wurde um diesen Absatz ergänzt)
Ein sorgfältiger Ausrüstungscheck vor jedem Tauchgang ist Pflicht. Hier hätte ein vollständiges, pralles Füllen des Jackets (bis das Sicherheitsventil öffnet) und anschließendes Warten (min. 5 Minuten) mit ziemlicher Sicherheit eine Undichtigkeit offenbart. Wo der Fehler dann genau liegt – ob an einem der Auslassventile, am Inflator oder einer Naht – hätte man in Ruhe untersuchen können.
Der Guide hätte natürlich daran interessiert sein müssen, den Fehler schnellst möglich zu finden und zu beheben, damit dies nicht nochmal geschieht. Er hätte diesen Test nach dem ersten Tauchgang durchführen müssen.
Das »Luft sparen« durch einen verkürzten Check, was Sven O. beschrieben hat, fällt in die Kategorie: »Sparen am falschen Ende«. Die Luftersparnis ist auf den gesamten Tauchgang gerechnet zu vernachlässigen. Möchte man Luft sparen, gibt es immer die Option, die Weste mit dem Mund aufzupusten. Andere nützliche Tipps hat Sven O. in den von ihm gezogenen Fazit schon untergebracht.
WEITERE ÜBERLEGUNGEN
Wenn das Verhalten des Tauchguides genau so zutrifft, wie Sven O. es beschreibt, ist dessen Desinteresse grob fahrlässig, ignorant, extrem gefährlich und schlicht Arbeitsverweigerung. Die Tauchbasis und auch der lizensierende Tauchverband sollten von diesem Verhalten unbedingt in Kenntnis gesetzt werden. Für die Tauchbasis ist ein solches Verhalten geschäftsschädigend. Der Ruf des Ausbildungsverbandes leidet ebenfalls. Leider wurde uns der Namen der Tauchbasis von dem Autor nicht genannt.
Die Reaktion des Autors, das Problem unter Wasser lösen zu wollen und nicht das Blei abzuwerfen, ist in seiner Situation positiv. Ein unkontrollierter Notaufstieg im Blauwasser, ohne die Tauchgruppe vorher zu informieren oder zu wissen, wo das Boot (oder der Ausstieg) sich befindet, birgt erhebliche Risiken.
Ob es notwendig war, das Tauchboot und die gesamte Gruppe vor dem nächsten Tauchgang in den Hafen befördern zu lassen, damit eine Person aussteigen kann, ist zumindestens diskutabel. Die beschriebenen, kurzen Fahrzeiten sprechen dafür. Treibstoffverbrauch und Rücksichtnahme auf das Gruppenerlebnis sprechen dagegen.
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