TEXT: Dr. W Löhlein
Ich bin seit 1993 AOWD (Advanced Open Water Diver) und habe eine Taucherfahrung von rund 460 Tauchgängen. Anfang September war ich auf den Kykladen und machte unter anderem auf Santorini zwei Tauchgänge am Caldera Beach. Das Leihequipment der gewählten Basis machte keinen schlechten Eindruck. Wenngleich der Lungenautomat bestimmt kein höherpreisiges Produkt war, und ich es sonderbar fand, dass die Bleimenge nicht diskutiert wurde, sondern einem ein fertiger Bleigurt zugewiesen wurde. Im Nachhinein weiß ich, dass dort wohl nur wenige Taucher mehr als einen Tag tauchen gehen, weshalb eine Anpassung der Bleimenge an den tatsächlichen Bedarf sich aus Sicht der Tauchbasis wohl nicht lohnt (Fehler 1).
Mir wurde ein ebenfalls allein reisender Taucher aus Deutschland als Buddy zugewiesen, der mit eigenem Equipment tauchte. Nach dem ersten Tauchgang (20 Meter Tiefe, 43 Minuten Dauer, acht Taucher mit einem Diveguide) beneidete ich meinen Tauchbuddy um seinen eigenen Lungenautomaten, denn mein Leih-Automat lieferte bei leichtem Einatmen wenig Luft. Erst wenn man ruckartig stark einatmete, kam dann auch gleich ein übertrieben großer Schwung Luft. Also je nach Intensität der Einatmung entweder zu viel oder zu wenig Luft. Jedoch war das kein wirkliches Problem, sondern eher ein Komfort-Luxusproblemchen, verglichen mit meinem sonst verwendeten eigenen oder anderen Leih-Automaten.
Nach einer Oberflächenpause von etwa einer Stunde ging es dann erneut vom Ufer aus zum zweiten Tauchplatz ins Wasser. Dazu musste man zirka 200 Meter an der Oberfläche schwimmen, um an die richtige Stelle abzutauchen. Auf der Schwimmstrecke beobachtete ich das kuriose Phänomen, dass der Wind in unsere Bucht leichte und deshalb schwimmende Tuffsteine trieb, die es dort in der Region wohl häufig gibt.
Nach dem Abtauchen bemerkte ich ab einer Tiefe von fünf bis sechs Metern, dass ich immer wieder Salzwasser in den Mund bekam. Ich blies den Lungenautomat aus, betätigte die Luftdusche und experimentierte, ob es bei weiterem Abtauchen oder bei einer bestimmten Kopfneigung besser wurde, was es aber nicht tat. Vor zu viel geschlucktem Salzwasser schützte ich mich durch Aufstellen der Zunge als Spritzschutz beim Einatmen.
Als ich merkte, dass es nicht besser, sondern schlechter wurde, und jeder Atemzug gefühlt aus 50 Prozent Luft und 50 Prozent Wasser bestand, signalisierte ich meinem Buddy und dem Diveguide, dass ich ein Problem mit meinem Automaten hatte, wechselte auf meinen Oktopus und zeigte an, dass ich das Problem damit gelöst hatte, und der Tauchgang weitergehen konnte. Leider stellte sich nach weiteren zirka fünf Minuten heraus, dass auch der Oktopus Wasser zieht.
Ich wog das Risiko ab und beschloss, dass ich den Tauchgang ohne Abbruch so zu Ende bringen könnte, blieb allerdings in der Nähe meines Buddies, um im Notfall, also bei einer möglichen Verschlechterung, auf seine alternative Luftversorgung umsteigen zu können (Fehler 2). Das war zum Glück nicht nötig, auch wenn ich noch nie bei einem Tauchgang so viel Salzwasser geschluckt habe! Direkt nach dem Tauchgang trank ich erst einmal eineinhalb Liter Trinkwasser.
Später schilderte ich das Problem dem Basenleiter, der sich den Lungenautomaten genauer anschaute. Und die Ursache schnell fand: Eines der kieselsteingroßen, schwimmenden Tuffsteinchen hatte sich in der Membran des Lungenautomaten verklemmt, die damit nicht mehr vollständig schließen konnte. Mein Lungenautomat hatte den schwimmenden Stein beim Schnorcheln zur Abtauchstelle wohl eingesammelt. Beim Oktopus fanden wir kein Steinchen. Aber wahrscheinlich war auch bei dessen Fehlfunktion die Ursache die gleiche (Fehler 3).
Im Nachhinein war ich zunächst zufrieden mit meiner Reaktion. Denn ich blieb unter Wasser ruhig, analysierte das Gefahrenpotential und traf eine für mich akzeptable Entscheidung, die ich dann auch meinem Buddy und meinem Diveguide mitteilte. So konnte ich den Tauchgang zu Ende bringen (24 Meter tief, 52 Minuten).
Im Nachhinein fiel mir aber auch auf, dass ich zwar mein Gefahrenpotential abwog, nicht aber das meines Buddies. Und ich ihn auch nicht fragte, ob er mit meiner Entscheidung einverstanden war. Denn hätte er unter Wasser Probleme mit seiner Luftversorgung bekommen, hätte ich ihm nicht mit einer alternativen Luftversorgung dienen können. Nun freue ich mich auf die nächsten Tauchgänge im Roten Meer im November auf einem Tauchschiff. Dann mit eigener Ausrüstung und ohne Gefahrensituationen.
Fehleranalyse
Fehler 1: Ein Checktauchgang hätte sowohl die Unsicherheit mit dem Blei als auch weitere Ausrüstungsprobleme zu Tage gefördert. Ein solcher Tauchgang ist weder Schikane noch Geldschneiderei. Er dient der Sicherheit und ist extrem sinnvoll – vor allem wenn sich die Tauchpraxis ausschließlich auf Urlaubstauchgänge beschränkt. Auch »akklimatisiert« man sich an die örtlichen Gegebenheiten am besten mit einem einfachen Tauchgang. Auch wenn es schnell gehen soll: Gerade beim »Sicherheitsfaktor« Blei sollte man immer nochmal selbst überlegen, wie viel Blei man benötigt und was Sinn ergibt. Kommunikation zwischen Gast und Basenpersonal hilft hier sehr.
Fehler 2: Auch wenn man unter Wasser einen Weg findet, einen Fehler so zu kompensieren, dass er »erträglich« ist, sollte man den Buddy und den Guide über den aktuellen Stand informieren. Der Guide hat in der Regel Handlungsoptionen und kann den Tauchgang anpassen, in dem er flacher taucht, was das Taucherlebniss nicht schmälern muss. Aus einem kleinen Missstand entwickeln sich nicht selten Fehlerketten, die dann zu schwerwiegenden Unfällen führen könnten.
Fehler 3: Aus der Schilderung des Autors ist anzunehmen, dass bereits beim ersten Tauchgang Probleme mit der Membran des Atemreglers vorlagen. Der einfachste Weg, um so etwas festzustellen, ist der Ausrüstungs-Check, wie man ihn im Tauchkurs gelernt haben sollte. Hier wird der Atemregler an die Tauchflasche angeschlossen und bei geschlossener Flasche aus ihm geatmet. Zieht man beim Einatmen Luft, liegt ein Defekt/Fehler vor, der meist an der Undichtigkeit der Membran des Lungenautomaten liegt.
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