Aus Fehlern lernen

Ein Fehler kommt selten allein

Das musste unser Leser feststellen, als sein Tauchgang völlig schief ging.

Wolfgang Pölzer (nachgestellt)

TEXT: Anonym (Redaktion bekannt)

Ziel: ein Wrack in 35 Meter Tiefe. Wir waren nicht das erste Mal hier. Ich wollte Fotos machen. So hatten wir abgesprochen, dass meine beiden Buddies das Wrack von oben beleuchten, und ich die Aufnahmen mache. Da ich wusste, dass eine Zwölf-Liter-200-bar-Flasche sehr knapp dafür ist, hatte ich mir eine 15-Liter-232-bar-Flasche ausgeliehen.

Es war kalt draußen, drei Grad. Und es gab noch etwas Eis auf dem See. Das Wasser hatte, wie ich später ablesen konnte, durchgängig ebenfalls drei Grad Temperatur.

Nach einigem Bemühen beim Abtauchen kam ich auch mit der fremden Flasche runter (Fehler 1). Auf Anraten wegen dieser schwereren Flasche hatte ich zwei Kilogramm weniger Blei mitgenommen. Damit war ich dann an letzter Position. Schon auf dem Weg nach unten waren die Abstände zwischen uns Tauchern so groß, dass ich selbst bei der guten Sichtweite von zehn Metern den führenden Buddy kaum noch sehen konnte. Der mittlere Buddy war etwa fünf Meter vor mir.

Kurz vor Erreichen des Wracks bemerke ich, wie mein Atemregler »schiebt«: Er bläst etwas ab, wenn ich nicht einatme. Da er nicht mehr abbläst, wenn ich ausgeatmet die Luft anhalte, beschließe ich, weiter zu tauchen (Fehler 2). Auf 30 Meter Tiefe kann ich das erste Fotos vom Bug des Wracks machen.

Der Regler bläst nun dauerhaft ab. Ich will aber wenigstens ein paar Fotos in den Kasten kriegen, bevor ich den Tauchgang wohl abbrechen muss. Nur ein Buddy hat sich allerdings an unsere Absprache zur Beleuchtung des Wracks gehalten. Der andere ist gleich weiter in Richtung Heck auf 35 Meter Tiefe und für mich auch nicht mehr zu sehen.

Nach den ersten Fotos begibt sich mein Buddy weiter Richtung Mastfuß und dreht sich dabei von mir weg. Ich kann ihm nichts signalisieren. Ich mache also noch ein weiteres Foto, weil es grade durch sein Licht gut passt und beschließe dann, mich endlich um meinen Regler zu kümmern.

Da mein Buddy in meine Richtung gedreht ist, nehme ich an, dass er bemerkt, dass ich herumhantiere und ein Problem habe. Im Nachhinein sagte der Buddy mir, dass es zu dunkel war, und er das gar nicht gesehen hat (Fehler 3).

Ich nehme meinen Oktopus in den Mund, der sich aber nicht von der Kletthalterung lösen lässt. Es geht dennoch, wenn auch unbequem. Das kostet ein wenig Zeit, da ich immer wieder versuche, ihn vom Kletthalter zu lösen. Ein Drehen an den Einstellknöpfen des Hauptautomaten zeigt keine Wirkung.

Da ich weiß, dass ich kaum selbst an das Doppelventil herankomme, beschließe ich, den quer an mir vorbeitauchenden (vermeintlichen) Buddy auf mein Problem aufmerksam zu machen (es war aber ein fremder Taucher).

Ich tauche zu ihm und tippe ihm von der Seite kommend auf den Kopf. Er zieht aber nur den Kopf ein und versucht, mir auszuweichen. Da er das wohl missverstanden hat, tauche ich näher neben ihn und klopfe ihm heftiger auf den Kopf. Er guckt, und ich halte ihm meinen abblasenden Automaten hin. Dabei zeige ich nach hinten zu meinen »Absperrhähnen«, damit er das Ventil für mich schließt. Ohne jegliche Reaktion taucht er jedoch weiter (Fehler 4).

Daraufhin beschließe ich, den Aufstieg allein zu beginnen, irgendwann würde schließlich die Flasche leer sein. Beim langsamen senkrechten Aufstieg blubbert es nun von unten rechts, und ich denke, es kommt noch woanders Überdruck raus. Ich versuche, mein Jacket zu entlüften, das aber völlig leer ist. Dann schwant mir, dass es wohl der herabhängende Hauptautomat sein muss (Fehler 5).

Mittlerweile habe ich nach oben schon etwas Fahrt aufgenommen. Da das Automatikventil am Trocki offensichtlich nicht abbläst, entlüfte ich von Hand, aber nicht konsequent genug (Fehler 6). Durch den Blasenschwall um mich herum kann ich meine Aufstiegsgeschwindigkeit nicht einschätzen.

Ich bemerke beim Blick auf meinen (nicht vorhandenen) Armcomputer, dass ich meine Kamera nicht mehr bei mir habe (offensichtlich beim Abtauchen entgegen der Gewohnheit nicht mit Karabiner gesichert). Dadurch kann ich den Computer nicht nutzen, da ich ausprobieren wollte, wie ich ihn beim Fotografieren besser im Auge behalten kann. Er war zum ersten Mal auf einem Kamera-Arm montiert, aber nun mit der Cam am Wrack zurückgeblieben (Fehler 7).

Ohne Sicherheitsstopp treibe ich zügig nach oben. Glücklicherweise kann ich immer noch aus der Flasche atmen, so dass ich dabei unbewusst meine Lunge entleere und nicht aus Versehen die Luft anhalte. Oben angekommen, treibe ich wie ein Michelinmännchen an der Wasseroberfläche. In kürzester Zeit ist auch die Flasche leer.

Ich traue mich nicht, die Luft im Anzug zu reduzieren, da ich ja nichts mehr hätte nachlegen können. So muss ich etwa 50 Meter umständlich und aufgeblasen auf dem Rücken zum Ufer paddeln. Inzwischen haben meine Buddies bemerkt, dass ich fehle, und sind um das Wrack getaucht, um mich zu suchen.

Ein weiterer Taucher übergab ihnen dann meine gefundene Cam, so dass sie einen Unfall vermuteten und tauchten nach mir suchend den Rückweg ab. Nach ihrer knapp absolvierten Deko ist das Hallo groß zwischen uns. Ich hatte zum Glück noch keine »Deko« bis zum Beginn des Notaufstiegs aufgebaut, wie ich im Nachhinein meinem Computer entnehmen konnte.

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