Muränen gehören zu den faszinierendsten Raubfischen der Meere, nicht zuletzt wegen ihres außergewöhnlichen Gebisses, das perfekt an ihre jagende Lebensweise angepasst ist. Ihr Gebiss ist einzigartig unter den Knochenfischen, da sie nicht nur eine, sondern zwei Zahnreihen besitzen: eine äußere auf den Kiefern und eine innere im Rachen. Diese innere Zahnreihe bildet das sogenannte pharyngeale Gebiss, ein spezialisiertes Organ, das es Muränen ermöglicht, ihre Beute besonders effektiv zu fangen und zu verschlingen.
Die äußeren Zähne der Muränen sind scharf, nadelartig und nach hinten gerichtet. Diese spezielle Anordnung verhindert, dass Beutetiere, die einmal gepackt wurden, wieder entkommen. Sobald eine Muräne ihre Beute mit den äußeren Kiefern gefasst hat, kommt das pharyngeale Gebiss ins Spiel: Es bewegt sich aktiv nach vorne, packt die Beute und zieht sie weiter in den Verdauungstrakt. Dieses einzigartige Mechanismus wurde bislang nur bei Muränen beobachtet und stellt eine bemerkenswerte Parallele zur Funktionsweise der Fangzähne von Schlangen dar.
Das pharyngeale Gebiss dient allerdings nicht dem Zerkleinern der Nahrung. Stattdessen sorgt die Vorwärts-Rückwärts-Bewegung dieses inneren Gebisses dafür, dass die Beute in den Schlund transportiert wird. Kleinere Beutetiere werden dabei durch die Kraft der äußeren Kiefer bereits vorab zerdrückt. Größere oder widerstandsfähigere Beutetiere werden so lange festgehalten, bis sie vollständig verschluckt werden können. Diese Strategie erlaubt es Muränen, selbst hartschalige oder kräftige Beutetiere zu bewältigen, ohne dass sie ihre Beute erst zerkleinern oder kauen müssen.
Muränen sind in tropischen und subtropischen Meeren weltweit verbreitet, insbesondere in Korallenriffen, wo sie in Felsspalten oder Höhlen auf Beute lauern. Ihre meist schlangenartige Körperform erlaubt es ihnen, sich geschickt in enge Spalten zurückzuziehen, während sie auf einen günstigen Moment zum Angriff warten. Trotz ihres bedrohlichen Aussehens sind Muränen keine aggressiven Tiere. Sie meiden in der Regel den Kontakt mit Menschen und beißen nur zu, wenn sie sich bedroht fühlen. Da ihre Zähne jedoch nicht nur scharf, sondern auch mit zahlreichen Bakterien besiedelt sind, können Bisse durch Muränen zu schmerzhaften Infektionen führen.
Neben ihrem beeindruckenden Gebiss verfügen Muränen über weitere bemerkenswerte Anpassungen. Sie haben beispielsweise eine stark reduzierte Schwimmblase, weshalb sie sich bevorzugt durch Muskelbewegungen entlang des Bodens oder in ihrer Versteckumgebung fortbewegen. Zudem sind sie für ihre ungewöhnliche Atmung bekannt: Da sie keine Kiemendeckel besitzen, pumpen sie Wasser durch regelmäßiges Öffnen und Schließen des Mauls über die Kiemen. Dieses Verhalten wird oft fälschlicherweise als Drohgebärde interpretiert, ist jedoch lediglich eine lebensnotwendige Atembewegung.
Mit über 200 Arten gehören Muränen zur Familie der Muränenartigen (Muraenidae) und variieren stark in ihrer Größe. Während kleinere Arten nur etwa 30 Zentimeter lang werden, können größere Exemplare, wie die Riesenmuräne (Gymnothorax javanicus), Längen von über drei Metern erreichen. Sie ernähren sich hauptsächlich von Fischen, Krebstieren und Tintenfischen, einige größere Arten haben jedoch auch bereits junge Haie oder Rochen gefressen.
Zusammenfassend ist das Gebiss der Muränen ein beeindruckendes Beispiel für evolutionäre Anpassung. Ihre spezielle Doppelgebissstruktur ermöglicht ihnen eine effektive Nahrungsaufnahme, die sich von der Jagdstrategie anderer Fische grundlegend unterscheidet. Dieses einzigartige Merkmal macht sie zu erfolgreichen Raubtieren der Meere, die in ihren Lebensräumen eine wichtige Rolle im ökologischen Gleichgewicht spielen.