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GEOMAR-Forscher zeigen die Nachschubwege der Schwarzen Raucher

Lohnt sich der Tagebau unter Wasser?
Rund zehn Jahre nach der ersten Mondlandung gelang Wissenschaftlern auf der Erde eine Entdeckung, die bewies, dass auch unser Heimatplanet noch viele Überraschungen für uns bereithält: durch die Bullaugen des Tauchboots ALVIN sahen amerikanische Forscher 1979 am Boden des Pazifiks erstmals meterhohe Schlote, aus denen über 300 Grad heißes, mit Mineralien gesättigtes, schwarzes Wasser schoss. Mittlerweile wissen wir: diese Schwarzen Raucher, auch Hydrothermalquellen genannt, existieren in allen Ozeanen. Sie treten entlang von Erdplattengrenzen an den untermeerischen Vulkanketten auf. Doch bis heute sind viele Details dieser Systeme ungeklärt.

Eine Frage, die schon lange intensiv in der Forschung diskutiert wird, lautet: Wo und wie tief dringt Wasser in den Meeresboden ein, um Wärme und Mineralien aufzunehmen, bevor es den Meeresboden an Hydrothermalquellen wieder verlässt? Dies ist sowohl für die Kühlung der Unterwasservulkane als auch für die aufgenommene Stoffmenge von enormer Wichtigkeit. Mit Hilfe eines aufwendigen 3D-Computermodells konnten Wissenschaftler des GEOMAR jetzt die Wege des Wassers zu den Schwarzen Rauchern nachvollziehen.

Generell ist klar, dass entlang der Plattengrenzen Meerwasser durch Spalten und Störungen ins Erdinnere eindringt. Magma heizt es dort stark auf. Das heiße Wasser steigt wieder auf, laugt dabei Metalle und andere Elemente aus dem Untergrund und tritt als schwarzgefärbte Lösung wieder aus dem Meeresboden aus. Doch im Detail ist unklar, ob das Wasser in unmittelbarer Nähe zu den Schloten in den Meeresboden eindringt und gleich wieder nach oben befördert wird oder ob es vor dem Austritt im Untergrund weite Wege zurücklegt, erklärt Dr. Jörg Hasenclever vom GEOMAR.

Diese Frage ist nicht nur wichtig für das fundamentale Verständnis von Prozessen auf unserem Planeten. Sie hat auch ganz praktische Auswirkungen. Denn ein Teil der aus dem Untergrund ausgelaugten Stoffe lagert sich am Meeresboden ab und bildet dort Erzlagerstätten, die eventuell wirtschaftlich interessant sind. Doch es ist umstritten, wie groß das Rohstoffpotenzial dieser Lagerstätten ist. Wenn wir wissen, welche Wege das Wasser im Untergrund zurücklegt, können wir besser abschätzen, welche Stoffmengen über Tausende von Jahren an den Schwarzen Rauchern austreten, erklärt Hasenclever.

Hasenclever und seine Kollegen haben erstmals in einem hochauflösenden Computermodell des Meeresbodens einen sechs Kilometer langen, sechs Kilometer tiefen und insgesamt 16 Kilometer breiten Ausschnitt eines mittelozeanischen Rückens im Pazifik simuliert. Zu den Daten, die das Modell berücksichtigte, gehörte vor allem die Wärmeverteilung im Untergrund, die aus seismischen Untersuchungen bekannt ist. Außerdem berücksichtigte das Modell unter anderem die Durchlässigkeit des Gesteins und die besonderen physikalischen Eigenschaften des Wassers.

Die Simulation benötigte mehrere Wochen Rechenzeit. Ihr Ergebnis: Tatsächlich gibt es zwei unterschiedliche Fließwege gut die Hälfte des Wassers versickert in der Nähe der Schlote, wo der Untergrund sehr warm ist. Die andere Hälfte versickert in größerer Entfernung und legt kilometerweite Strecken durch den Meeresboden zurück, bevor es Jahre später wieder austritt. Damit bestätigt die aktuelle Studie teilweise ein Computermodell, das 2008 in der Fachzeitschrift Science veröffentlich worden war. Allerdings konnten die Kollegen damals nur einen viel kleineren Bereich im Meeresboden simulieren und fanden deshalb nur die kurzen Wege nahe der Schwarzen Raucher, sagt Hasenclever.

Die aktuelle Studie liefert Wissenschaftlern weltweit die Grundlage für weitere Untersuchungen, wie viel Erz tatsächlich am und im Meeresboden liegt, und ob sich Tiefseebergbau im großen Maßstab jemals lohnen könnte. Bisher kennt man nur die Oberfläche der Erzablagerungen an Hydrothermalquellen. Niemand weiß genau, wie viel Metall dort wirklich liegt. Alle Diskussionen über Sinn oder Unsinn von Erzbergbau in der Tiefe basieren auf dieser dünnen Grundlage, betont Co-Autor Prof. Dr. Colin Devey vom GEOMAR. Wir müssen noch viel mehr Daten über Hydrothermalsysteme sammeln, bevor man wirklich belastbare Aussagen treffen kann.

Die zugehörige Studie erscheint in der internationalen Fachzeitschrift Nature.

Weitere Infos:
www.geomar.de