Wissen

Antikes Schiffswrack von Antikythera: Rumpfteile geborgen

Vor der griechischen Insel Antikythera haben Unterwasserarchäologen seltene, verbundene Rumpfteile eines über 2000 Jahre alten Frachters geborgen. Die Funde könnten entscheidende Einblicke in den Schiffsbau der Antike geben.

Dr. Florian Huber

TEXT: Dr. Florian Huber |

Vor gut 2000 Jahren sank vor der griechischen Insel Antikythera einer der größten Frachter der Antike. Er war vollbeladen mit Luxusgütern der damaligen Zeit, darunter Keramiken, Marmorstatuen und sogar einem bronzenen Thronsessel. Auch ein menschliches Skelett wurde in dieser »Titanic der Antike« gefunden. Der berühmteste Fund im Wrack ist jedoch der Antikythera-Mechanismus – ein bis heute rätselhafter »Himmelscomputer« der Antike.

Neue Entdeckungen am Meeresgrund

Jetzt gibt es neue Funde im berühmten Schiffswrack von Antikythera – und die Bergung eines ganz besonderen Relikts. Denn während der Grabungskampagne im Mai und Juni 2025 ist es Unterwasserarchäologen gelungen, mehrere noch miteinander verbundene Holzteile des Schiffsrumpfs zu bergen. Dank einer speziell dafür entwickelten Stützstruktur konnte das fragile Schiffsteil unversehrt an die Wasseroberfläche gebracht werden. Es besteht aus drei Schiffsplanken, die noch mit einem Spant miteinander verbunden sind. Diese Wrackteile bieten nun spannende Einblicke in die Konstruktion und Herkunft des antiken Frachters.

Taucher bei der Hebung eines Rumpf-Fragments des Antikythera-Schiffs­wracks. Das fragile Holzteil wurde auf ein Stützgerüst gelegt und dann eingepackt an die Wasseroberfläche gebracht.

Einblicke in antike Schiffsbaukunst

Erste Analysen enthüllten, dass die Schiffsplanken aus Ulme und Eiche gefertigt waren und aus der Zeit um 235 vor Christus stammen. Ihre Anordnung bestätigt eine für damalige Zeit typische Bauweise: Der antike Schiffsrumpf war den Archäologen zufolge in der »Shell-first«-Methode gebaut. Bei dieser wird zuerst die Außenhülle des Schiffs gefertigt, dann die innere Struktur. Dies entspricht der gängigen Schiffsbauweise im Mittelmeerraum der frühen Antike, erklärt das Team.

Offene Fragen zur Herkunft

Überraschend ist jedoch, dass die aktuell geborgenen Holzplanken etwas dünner sind als die 1976 von Jacques-Yves Cousteau bei einem Tauchgang entdeckten. Noch ist unklar, warum: Gehören die aktuell geborgenen Planken zu einem oberen Teil des Schiffs oder einem ausgebesserten Teil des Rumpfs? Oder stammt das Rumpffragment möglicherweise von dem kleineren Begleitschiff des antiken Frachters? Dies soll nun eine detailliertere Analyse klären.

Fragment des Mechanismus von Antikythera, das vermutlich um 100 v. Chr. entstand – der älteste bekannte analoge Computer. Mit dem komplexen System von etwa 30 Bronzezahnrädern in einem Holzgehäuse konnte er die Positionen von Sonne, Mond und den fünf damals bekannten Planeten berechnen und auf verschiedenen Skalen anzeigen.

Weitere Antworten und Hinweise könnten auch einige andere am Meeresgrund gefundene Holzteile liefern. An diesen fanden Taucher Reste von Blei, Kupfer und Teer. Diese Materialien könnten zur Abdichtung und Stabilisierung des Schiffsrumpfs gedient haben, so die Vermutung.

Digitale Dokumentation für künftige Forschung

Wie schon bei den früheren Tauchgängen haben die Unterwasserarchäologen alle Wrackteile und Funde systematisch mit 3D-Photogrammetrie dokumentiert und alle Daten, Zeichnungen, Fotos und Pläne in ein Geoinformationssystem (GIS) eingetragen. Zusammen mit den Ergebnissen früherer Kampagnen bildet dieses Material nun eine wichtige Grundlage für künftige Forschungen.

Quellen
Griechisches Kulturministerium – Antikythera Shipwreck Project
Woods Hole Oceanographic Institution: Antikythera Shipwreck Expedition
Nature – Artikel zum Antikythera-Mechanismus

Dr. Florian Huber berichtet jeden Monat über die Neuigkeiten aus der
wissenschaftlichen Unterwasser-Welt. Er selbst ist Unterwasser-Archäologe und Forschungstaucher (florian-huber.info).

Mehr Unterwasser-Archäologie auf tauchen.de