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Tauchen mit Asthma bronchiale: Was Sie wissen sollten

Ihr Kind hat allergisches Asthma bronchiale und möchte tauchen lernen? Aquamed-Doc Philipp Stahl erklärt, welche Voraussetzungen für die Tauchtauglichkeit bei Asthma wichtig sind – mit aktuellen Hinweisen zur Risikobewertung und ärztlichen Betreuung.

Das Titelbild wurde mit KI generiert.

In unserer Kolumne »Hey Doc, bin ich damit tauchtauglich?« beantworten aqua med-Ärzte medizinische Fragen zur Tauchtauglichkeit. Schreiben Sie uns Ihre Fragen an: redaktion@tauchen.de

»Hey Doc, mein 16-jähriger Sohn hat ein allergisches Asthma bronchiale und möchte im nächsten Familienurlaub den Tauchschein machen. Allergiebedingte Symptome treten im Frühjahr auf. Zu dieser Zeit benutzt er auch ein Antihistaminikum und ein Asthmaspray. Steht einer Tauchtauglichkeit und einem geplanten Tauchkurs etwas im Wege?«

Atemwegserkrankungen wie Asthma bronchiale gehören neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Stoffwechselerkrankungen zu den häufigsten chronischen Erkrankungen in der westlichen Welt. Asthma bronchiale ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Atemwege. Typisch sind dabei eine reversible Verengung der Bronchien (Obstruktion) und eine Überempfindlichkeit der Atemwege (bronchiale Hyperreagibilität). Die Symptome können stark variieren: Manche Betroffene leiden nur gelegentlich unter Husten oder Räusperzwang.

Andere erleben akute Anfälle mit pfeifender Atmung, Engegefühl in der Brust und Atemnot – im Extremfall mit lebensbedrohlichem Verlauf. In vielen Fällen liegt ein allergisches Asthma vor – hier spielen Umweltfaktoren und Allergene wie Pollen oder Hausstaub eine große Rolle. Insgesamt sind laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) rund 235 Millionen Menschen weltweit betroffen. Im Kindesalter erkranken häufiger Jungen, im Erwachsenenalter überwiegend Frauen.

Asthma bronchiale und Tauchsport

Asthma bronchiale ist eine Atemwegserkrankung, die von einer dauerhaften Entzündung der Atemwege geprägt ist – mit der permanenten Bereitschaft, auf bestimmte Reize der Einatemluft und damit der Umgebung überempfindlich zu reagieren (bronchiale Hyperreagibilität). Folglich kommt es zum Anschwellen der Atemwege, und zäher Schleim verlegt die Atemwege, was letztlich zur beschriebenen Atemwegsobstruktion und dadurch zu Luftnot führen kann.

Beim Tauchen atmen wir sehr trockene, kalte Luft aus dem Tauchgerät ein. Diese Luft kann bei Asthmatikern einen Asthmaanfall provozieren, besonders bei körperlicher Anstrengung unter Wasser. Weiterhin kann eine hohe Strömungsgeschwindigkeit, wie sie bei erhöhter Anstrengung unter Wasser oder bei tiefen Tauchgängen auftritt, in den kleinen Atemwegen eine Obstruktion verursachen. Ein zentrales Problem ist dabei das sogenannte »Air Trapping«: Die verengten Atemwege lassen nicht zu, dass beim Auftauchen (Dekompressionsphase) die gesamte Luft wieder ausgeatmet wird. Die eingeschlossene Luft dehnt sich beim Aufstieg aus – es droht ein Barotrauma, also eine Überdehnung und im schlimmsten Fall ein Riss im Lungengewebe (Pneumothorax).

Facharzt und Kontrolle

Die gute Nachricht für Asthmatiker ist, dass sie nicht grundsätzlich vom Tauchen ausgeschlossen sind. Es besteht keine absolute Kontraindikation gegenüber der Erteilung einer Tauchtauglichkeit. Die Entscheidung für oder gegen eine Tauchtauglichkeit hängt von der Art und Kontrolle des Asthmas ab.

Bei gut kontrolliertem Asthma, das heißt, wenn keine Symptome vorliegen, die Lungenfunktion stabil ist und eine regelmäßige ärztliche Betreuung erfolgt, ist Tauchen möglich. Dafür muss jedoch eine individuelle Risikobewertung erfolgen, idealerweise durch einen Lungenfacharzt mit tauchmedizinischer Erfahrung.

Personen, die im Kindesalter an Asthma litten, heute aber beschwerdefrei sind und normale Lungenfunktionswerte zeigen, können ebenfalls tauchtauglich sein. Auch hier ist eine ärztliche Untersuchung erforderlich, um eine dauerhafte bronchiale Überempfindlichkeit auszuschließen.

Fazit

Asthmatiker sind heutzutage nicht grundsätzlich vom Tauchsport ausgeschlossen, d. h. es besteht keine absolute Kontraindikation. Die Tauchtauglichkeit ist unter Berücksichtigung von individueller Art und Schwere des Asthmas differenziert zu bewerten. Entscheidend sind die individuelle Asthma-Kontrolle sowie die regelmäßige ärztliche Betreuung. Mit guter Vorbereitung und klarem Risikobewusstsein ist sicheres Tauchen auch mit Asthma möglich.

Wann ist Tauchen möglich – und wann nicht?

Die Deutsche Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin (GTÜM) empfiehlt folgende Einteilung:

Tauchen ist möglich, wenn:
■ das Asthma vollständig kontrolliert ist, also keine akuten Beschwerden bestehen.
■ eine regelmäßige Medikation erfolgt (z. B. mit Dosieraerosolen oder Pulverinhalatoren).
■ der Peak-Flow-Wert über 80 % des persönlichen Bestwerts liegt.
■ eine normale Lungenfunktion (Spirometrie) vorliegt.
■ keine Anzeichen für belastungs- oder kälteinduziertes Asthma bestehen.
Vom Tauchen ist abzuraten, wenn:
■ das Asthma nur teilweise kontrolliert ist.
■ es in der Vergangenheit belastungs- oder kältebedingte Asthmaanfälle gab.
■ regelmäßig Medikamente zur Notfallbehandlung benötigt werden.
Tauchen ist absolut kontraindiziert, wenn:
■ das Asthma nicht kontrolliert ist.
■ es kürzlich zu einem Asthmaanfall kam.
■ eine bestehende Lungenüberblähung (Emphysem) vorliegt.
Was sollten Asthmatiker vor dem Tauchgang beachten?
■ Peak-Flow-Messung direkt vor dem Tauchgang durchführen – Werte unter 80 % sind ein Warnsignal.
■ Inhalationsmedikamente nur nach ärztlicher Absprache einsetzen.
■ Keine Tauchgänge bei Infekten der Atemwege.
■ Reizhusten ernst nehmen – im Zweifel den Tauchgang abbrechen oder gar nicht erst beginnen.

Dr. Dr. Philipp Stahl, stellvertretender Leiter MHW/aqua med Medical Board ist Facharzt für Innere Medizin, Notfallmedizin, Tauchmedizin, Reisemedizin

Weiteres aus der Kolumne: Tauchtauglichkeit und Bluthochdruck