Reiseberichte

Tauchsafari auf den Malediven: Mit der Carina durch das Reich der Inseln

Eine Wand aus Buckelkopf- und Blaustreifenschnapper stellt sich den Tauchern am Spot Fishhead entgegen. Foto: Paul Munzinger
XXL-Format: Die „Carina“ bietet auf ihren vier Decks ordentlich Platz. Foto: Paul Munzinger
XXL-Format: Die „Carina“ bietet auf ihren vier Decks ordentlich Platz. Foto: Paul Munzinger

Der Mann ist eine Wucht: Bereits einen Tag nach dem Einchecken auf der „Carina“ hat unser Guide Zaid alle 20 Vornamen drauf. Auch seine Zeichenkünste auf der Briefingtafel sind einfach klasse. Dreidimensional hat er sich verkünstelt. In bestem Englisch erklärt er in epischer Breite alles, was dazugehört: Art des Riffs, Route, Verhaltensregeln, was es zu sehen gibt und wo die besten Ecken für uns Knipser sind. 15 Minuten dafür sind Standard und das drei- bis viermal täglich – Hut ab. Ein Satz ist am Schluss immer gleich: „Shoot up the balloon“. Damit dies nicht im gefährlichen Kuddelmuddel endet, sondern auch klappt, muss es jeder von uns beim Checkdive praktizieren und seine Notfallwurst hochschießen. Gut so. Keine vier Stunden sind wir auf den Malediven – im Reich der Atolle – und schon nass. Übertrieben oder gar gefährlich? Nein, wirklich nicht. Der knappe 10-Stunden-Nonstopflug über Nacht war entspannt. Nun auspacken, einräumen, kurz relaxen und dann ins Wasser. Getaucht wird unweit vom Hafen am Maagiri Rock im Nord-Male-Atoll: Schnapperschwärme, Napoleons, Schildkröten und Muränen machen den Prolog. Nach dem Abendmahl wird niemand alt, denn ab morgen früh geht’s richtig los: für zwei Wochen kreuz und quer durch fünf Atolle.

Qual der Wahl

Am Rehendi Corner sausen häufig Adlerrochen vorbei. Foto: Paul Munzinger
Am Rehendi Corner sausen häufig Adlerrochen vorbei. Foto: Paul Munzinger

Eine große Auswahl an Malediven-Kreuzfahrern für jeden Geldbeutel gibt’s mittlerweile. Aber welchen nehmen? Die Wortwahl eines deutschen Reiseveranstalters gibt den Ausschlag für die „Carina“: „sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis!“ Recht hat er: Wir sind auf einem Holzschiff in XXL-Ausführung. Genügend Platz ist das A und O. Der Pott ist wahrlich kein Hingucker, weder rassig noch elegant. Nobel ist anders. Man verzeiht ihm aber schnell sein Aussehen, denn die optische Einordnung steht weit hinter der Funktionalität – und die ist überall für Taucher klasse. Die meisten von uns wollen sowieso nicht Fünf-Sterne-Kategorie buchen. Die Räume der „Carina“ sind nicht mit Chromapplikationen und Kunstleder verziert, sondern ohne Feinschliff maledivisch gezimmert. Neben dem riesigen, offenen Stauraum für Tauchtaschen unter den Betten gibt’s fast überall ein zusätzliches Lager zum Ausbreiten seiner Siebensachen. Ideal für die Fotografenzunft! Genügend Steckdosen, gescheites Licht, Minikühlschrank, WiFi an Bord, verstellbare Klimaanlage und Bullaugen zum Öffnen zählen zu den kleinen Annehmlichkeiten. Alles da und sauber. Was will man mehr? Mit vier Decks haben alle Platz zum Tanzen oder einen Rückzugsort. Und auch die freundliche Crew hat ihre eigenen, geräumigen Kojen. Obligatorisch auf den Malediven ist ein mitfahrendes Dhoni für das Equipment und die Kompressoren.

On the road

Eine Wolke aus durchsichtigen Glasfischen hüllt das hübsch bewachsene Riff ein. Foto: Paul Munzinger
Eine Wolke aus durchsichtigen Glasfischen hüllt das hübsch bewachsene Riff ein. Foto: Paul Munzinger

Die Grobplanung der Atolltour sollte das Nord-Male-, Rasdoo-, Nord- und Süd-Ari-, Felidhee- und Süd-Male-Atoll beinhalten. Nun folgt das Feintuning je nach Wetter und Bedingungen. Im Nord-Male-Atoll werden gleich das Banana Reef, Bandos Reef und der Manta Point (Bodu Hithi Thila) angesteuert – allesamt tolle Klassiker. Wir machen freudige Augen nach dem ersten Tag, denn Schwarzspitzenhaie, Mantas, Anglerfische, fotogene Süßlippen sowie herrliche Weichkorallen sind bereits mental und digital abgespeichert. Fängt ja schon mal gut an! Etwas Sorgen bereitet nur die Nitroxanlage, denn bereits zwei Keilriemen sind über den Jordan. Also wird die nächsten drei Tage Normalluft inhaliert – etwas ärgerlich, aber es gibt Schlimmeres. Ein bisschen kippelig werden die drei Stunden Überfahrt ins östliche Rasdhoo-Atoll. Haie, Rochen, Napoleons und viele Makrelen sind im Kanal von Madivaru die Eyecatcher. Weiter geht’s dann in den Süden ins nördliche Ari-Atoll. Bei Kan Thila, einem Riff neben Bathala, kommen große Graue Riffhaie in Begleitung von Remoras recht nahe an uns hern. Ebenfalls im Nord-Ari-Atoll liegt einer meiner Favoriten der Region: Das Hafzaa Thila war noch vor ein paar Jahren ein „Geheimtipp“. Doch mit fünf Dutzend Tauchern am Riff mit einem Durchmesser von 60 Metern war es diesmal leider sehr grenzwertig. Die besten Tiefen liegen zwischen 15 und 25 Metern. Aber wo sind die Unmengen von roten Großaugenbarschen geblieben? „Seit ein paar Monaten weg“, erhalten wir zur Antwort. „Vielleicht Fischer?“, fragen wir. Nur Achselzucken beim Kapitän, einem waschechten Malediver.

Weltbekannter Zungenbrecher

Immer eine Insel in Sichtweite: Die „Carina“ ankert an den schönsten Plätzen des Inselreichs. Foto: Paul Munzinger
Immer eine Insel in Sichtweite: Die „Carina“ ankert an den schönsten Plätzen des Inselreichs. Foto: Paul Munzinger

Strömung ohne Ende, gelbe und rote Schnapperschwärme, ein paar dicke Haie, jagende Thunfische und Gelbflossenma-krelen sowie neugierige Drücker und etliche Putzerstationen – all dies haben wir genossen am wieder genesenden Mushimas Migili Thila, auch bekannt als Fishhead. Der ehemals beste Haiplatz der Malediven wird nach einem Formtief wieder betauchbar. Ein gelungenes Comeback! Bei Nachttauchgängen rümpfe ich meist die Nase. Was hier aber versprochen und auch gehalten wird, ist wirklich enorm: In der Nähe der Insel Fesdu werden nach Sonnenuntergang mit Hilfe starker Schiffheck-Lampen Plankton und damit automatisch Mantas angelockt. Bei Dunkelheit geht’s rein ins Wasser – und sofort richtig die Post ab: näher geht’s nimmer! Die Flattermänner kommen zentimeternah an uns heran oder schweben mit offenem Riesenmaul an uns vorbei. Man spürt sie förmlich. Extraklasse! Am Tag sehen wir sie dann am Haafiz Faru, wo sie sich genüsslich putzen lassen. Adlerrochen satt fliegen bei Rehendi Corner herum, ganz im Einklang mit patrouillierenden Haien. Nur knappe 50 Meter im Durchmesser misst das Lah Miyaro Ga Thila, aber hier ist fast alles vertreten, was Flossen und Namen hat. Note „Eins“ – mit Sternchen! Abgerundet wird der Tag mit einem Barbecue auf einer einsamen Robinsoninsel. Das kleine, unbewohnte Eiland ist ein richtiges Schmuckstück und als i-Tüpfelchen zaubert die Crew einen fotogenen Walhai an den Strand – geformt aus Sand und Feuer!

Echt Badisch
Richtig gute Laune und viel Spaß macht unser Guide Zaid. Er ist immer wieder für verbale Überraschungen zu haben, die ihm jemand von uns beigebracht hat. „Alle jetz uffpasse!“ ruft er in gutem Badisch beim nächsten Briefing vor den Walhaien. Drei Exemplare sehen wir beim ersten Schnorcheln am Südende des Ari-Atolls. Der Süden des Atolls ist ein echter Leckerbissen: Im Osten liegt Digaa Thila, bestens bekannt für üppig mit Weichkorrallen dekorierte Überhänge. Dann das Kahabau Thila mit seinen Schildkröten und dem First-Class-Spot Kuda Rah Thila mit herrlicher Flora und Fauna, an dem es aber auch richtig mächtig strömen kann. Fünf Blöcke zwischen 15 und 30 Metern Tiefe, dazwischen Gänge mit Gorgonien, Fischschwärmen und Putzerstationen – der Platz heißt Five Rocks und ist ein absolutes Muss! Ebenso das leicht betauchbare Wrack an der Insel Machchafushi am wieder angelegten, teils künstlichen Riff, das früher wüst war: Heute schwebt man mit gutem Abstand und gehörigem Respekt vor der Natur durch einen herrlichen und filigranen Hartkorallengarten und taucht bequem aus.

Schöner Osten

Ein neugieriger Grauer Riffhai ist auf Streifzug am Riff unterwegs und beobachtet neugierig den Fotografen. Foto: Paul Munzinger
Ein neugieriger Grauer Riffhai ist auf Streifzug am Riff unterwegs und beobachtet neugierig den Fotografen. Foto: Paul Munzinger

Über die offene See geht’s in knappen fünf Stunden zum östlichen Felidhoo-Atoll. Weg von den herrlichen Thilas, Farus und Giris – rein in das Vergnügen mit Driftdives in Kanälen, den Kandus. Golden Wall ist ein Inferno aus bunten Farben. Weitere Spitzenplätze in Sachen Großfisch oder Vielfisch sind Fotheyo, Fushi- oder Dhevana Kandu. Sehr beeindruckend geht’s nachts am Hausriff der Insel Alimatha zu: Nach Sonnenuntergang entsorgen die Resortköche Fischabfälle am Schiffssteg und locken etliche Ammenhaie sowie riesige Rochen und Makrelen an. Der Tauchgang sollte vorher gut geplant sein, denn das Spektakel wollen viele sehen. Da uns am letzten Tag die Sonne ein Schnippchen schlagen will, lassen wir das Süd-Male-Atoll taucherisch leider sausen: Grau in grau mit Sturm braucht niemand zum Abschluss, bevor es heimwärts geht. Im Logbuch stehen nun 37 Tauchgänge in zwölf Tagen und keiner davon war mittelmäßig. Es waren zwei Wochen Tauchfaszination. Selten kommt es vor, dass man nach 14 Tagen nicht von Bord gehen will. Klingt nun alles nach dem absoluten Nonplusultra, aber trotzdem gibt’s auch ein paar kleine Sorgenfalten zum Thema Malediven. Leider immer noch in Sachen Haifang oder Souvenirs aus dem hiesigen Ozean. Oder auch dem Fischen in geschützten Zonen oder manch illegal entsorgtem Müll. Außerdem ein sehr ernstes Thema: die funktionierende Rettungskette. Zwei Notfälle hatten wir in dieser Zeit, wobei sich die Guides, der Kapitän und auch die Organisatoren des Schiffs in der fernen Hauptstadt sowie Aqua med in Deutschland mit aller Kraft, sehr vorbildlich und kompetent einsetzten. Aber nur mit sehr viel Glück erhielt unser Patient einen Flug zusammen mit abfliegenden Touristen einer Insel. Nicht auszudenken, wenn jemand einen Dekounfall gehabt hätte, denn ganz so schnell geht’s anscheinend nicht im Reich der Atolle. Macht also alles Sinn mit Tiefen- und Zeitbegrenzung sowie strikter Einhaltung der Nullzeit.

Tauchsafari auf den Malediven mit der Carina

Hat eher rustikalen Charme: der Salon auf der „Carina“. Foto: Paul MunzingerFoto: Paul Munzinger
Hat eher rustikalen Charme: der Salon auf der „Carina“. Foto: Paul Munzinger

Die „Carina“ ist etwa 33 Meter lang und zehn Meter breit. Sie wurde im Jahr 2000 gebaut. Insgesamt gibt es zehn Kabinen, die mit Doppel- und Einzelbett, Klimaanlage sowie WC und Dusche ausgestattet sind. Das Schiff verfügt über zwei Sonnendecks, zwei Bars und eine komfortable Lounge. Zudem hat die „Carina“ eine Boutique und einen Coffeeshop an Bord. Verpflegung: Vollpension. Die Mahlzeiten werden im Restaurant als abwechslungsreiches Buffet serviert.

Safarigebiet
Das Liveaboard steuert viele Malediven-Klassiker im Nord-Male-, Rasdoo-, Nord-Ari- und Süd-Ari-, Felidhee- sowie Süd-Male-Atoll an.

Tauchen
Zwei bis drei Tauchgänge pro Tag vom separaten Tauchdhoni. Ein Nachttauchgang in der Woche. Taucher müssen Tauchcomputer und eine Signalboje mitführen. Die maximale Tauchtiefe beträgt 30 Meter und die Länge der UW-Aufenthalte sollte 45 Minuten nicht überschreiten. Getaucht wird im Buddysystem. Extratauchgänge können mit dem Guide und dem Kapitän abgesprochen werden. Brevet, Logbuch und tauchsportärztliches Attest müssen mitgebracht werden. Vom Anfänger bis zum erfahrenen Vieltaucher spricht diese Kreuzfahrt alle Taucher an. Nitrox gegen Aufpreis. AOWD und Spezialkurse sind an Bord nach Voranmeldung möglich.

Preisbeispiel
Flug mit Qatar Airways, 23 Kilo Gepäck plus zehn Kilo Tauchgepäck, 7 Nächte an Bord in Doppelkabinen, 2 bis 3 Tauchgänge am Tag, 1 Nachttauchgang und Vollpension kosten ab 1459 Euro pro Person zuzüglich Steuern und Kerosin. www.belugareisen.de

Weiterer Veranstalter
www.tourmare.de

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Munzinger_HutFotograf und Autor Paul Munzinger – Sein Herz schlägt für die Welt unter Wasser! Wenn der UW-Fotograf und Journalist nicht auf Reisen ist, trifft man ihn mit Garantie im heimi- schen Süßwasser – denn ohne Flossen fehlt ihm was.

Diese Story ist ursprünglich erschienen in TAUCHEN 10/2014 unter dem Titel “Im Reich der Inseln”. Die Malediven in den TAUCHEN-Reisezielen anschauen: Hier klicken!