Arktis-Expedition erfolgreich beendet

Über neun Wochen erforschten Forscher des Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) an Bord des Greenpeace-Schiffs „Esperanza“ die Reaktionen des arktischen Ökosystems auf die rapide Veränderung der Ozeanchemie. In so genannten Mesokosmen, den größten Reagenzgläsern der Welt, wurden Versauerungsgrade simuliert (wir berichteten am 5. Juni), die für dieses Jahrhundert zu erwarten sind, wenn die Verbrennung von Kohle und Öl nicht drastisch reduziert werden. „Wir haben mit diesem Experiment einen Riesensprung in der Forschung zur Ozeanversauerung gemacht“, sagt Prof. Ulf Riebesell, wissenschaftlicher Leiter des IFM- GEOMAR. „Nun halten wir den bisher größten Datensatz zu den Auswirkungen der Ozeanversauerung in unseren Händen, den wir in den nächsten Monaten auswerten werden.“

CO2-Speicher Ozean
Erste Ergebnisse zeigen eine unerwartet gravierende Änderung der Produktivität des Phytoplankton. „Phytoplankton wie Kieselalgen ist die Basis des Nahrungsnetzes in den Meeren. Starke Beeinträchtigungen des Phytoplanktons können massive Folgen für das gesamte Nahrungsnetz und Ökosystem haben“, erläutert Dr. Iris Menn, Meeresbiologin bei Greenpeace. Die Versauerung der Ozeane ist neben steigenden Temperaturen eine Folge des Kohlendioxid-Ausstoßes in die Atmosphäre. Die Weltmeere nehmen das Kohlendioxid (CO2) auf und wandeln es im Wasser in Kohlensäure um. Die Folge: Ozeane werden aufgrund steigender CO2-Emissionen immer saurer. Die Versauerung wirkt sich zunächst auf kalkbildende Lebewesen wie Muscheln oder Korallen aus. Hohe Mengen Kohlensäure lassen die Schalen korrodieren und hemmen die Kalkbildung. Besonders stark betroffen sind die Polargebiete, weil die CO2-Aufnahme bei kalten Temperaturen am höchsten ist. Nach bisherigen wissenschaftlichen Prognosen gibt es bereits in sieben Jahren in Teilen des Arktischen Ozeans Bedingungen im Meerwasser, die korrosiv für die Schalen und Skelette kalkbildender Organismen sein werden. Die Versauerung der Ozeane kann nur durch eine Reduktion der CO2-Emissionen aufgehalten werden. Greenpeace fordert, dass die Industrienationen ihren CO2-Auststoß bis 2020 um 40 Prozent reduzieren. Auch Schwellenländer wie China müssen ihre CO2 Emissionen begrenzen, so dass der weltweite Ausstoß ab 2015 sinkt.
Unerforschte Arktis
Ein weiteres Projekt der Expedition: Nördlich von Spitzbergen kartierten Greenpeace-Meeresexperten mit neuester Technik einen Bereich des arktischen Ozeans, der bisher unerforscht war. Zum Einsatz kamen eine Unterwasserkamera und ein Unterwasseroboter (ROV Remote Operated Vehicle). Bereits die ersten Tauchfahrten der Unterwasserkamera und des -roboters zeigten auf Tiefen zwischen 40 und 350 Meter einen Meeresgrund voller Leben mit verschiedenen Arten von Korallen, Hydrozoen, Seesternen, Seeigeln, Seescheiden, Fischen und Krebsen. Ein Ökosystem, das bedroht ist. Die durch den Klimawandel ausgelöste Schmelze des arktischen Meereises macht den Meeresgrund für die industrielle Ausbeutung zugänglich. Die großen Fischereiflotten folgen dem zurückweichenden Eis und ziehen auf der Jagd nach neuen Fischgründen immer weiter nordwärts. Mit ihren Grundschleppnetzen zerstören sie solche sensiblen und artenreichen Lebensgemeinschaften, die das Team der Esperanza kartiert hat. Die Präsenz der Fischereiflotten in diesen hohen nördlichen Breitengraden konnte Greenpeace bereits dokumentieren. Um mit dem schmelzenden Eis eine schonungslose Ausbeutung des arktischen Ozeans zu verhindern, fordert Greenpeace ein Sofortverbot (Moratorium) für jegliche industrielle Nutzungen in dem Bereich der Arktis, der bisher natürlicherweise von Eis bedeckt war. Die aufgenommenen Daten werden internationalen Wissenschaftlern, die das Ökosystem des arktischen Meeresboden erforschen, zur Verfügung gestellt. Des weiteren fließen sie in ein norwegisches Forschungsprojekt zur Kartierung der nördlichen Barentssee ein.
„Esperanza“-Besichtigung am Wochenende möglich
Das Team an Bord der „Esperanza“ wird nach rund drei Monaten am Samstag und Sonntag den 24. und 25. Juli am Außenpier des IFM-Geomar an der Kiellinie Düsternbrooker Weg 20 festmachen und kann von 10 bis 17 Uhr besichtigt werden. Außerdem werden Filme zur aktuellen Expedition gezeigt und Greenpeace-Meeresexperten stehen für Fragen zur Verfügung. Mehr Infos findet ihr auch auf www.greenpeace.de.