Hightech in der Tiefe

Hoher Druck und absolute Dunkelheit verwehren dem Menschen einen direkten Zugang in die tiefsten Bereiche der Meere. Modernste Geräte wie der ferngesteuerte Tiefseeroboter „KIEL 6000“ und das autonom operierende Unterwasserfahrzeug „Abyss“ des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-Geomar) ermöglichen Einblicke in die faszinierenden Unterwasserwelten. Erstmals arbeiteten jetzt beide gemeinsam vom deutschen Forschungsschiff „Meteor“ aus an heißen Quellen am Mittelatlantischen Rücken.
Mitten im Atlantik bei neun Grad südlicher Breite: Wasser, so weit das Auge reicht. Am Signalmast des deutschen Forschungsschiffs „Meteor“ hängen zwei schwarze Bälle, dazwischen ein schwarzer Rhombus. Das Signal zeigt: Hier ist schweres Gerät im Einsatz. Eine vier Meter lange, gelbe „Zigarre“ wurde zu Wasser gelassen: das autonome Unterwasserfahrzeug (Autonomous Underwater Vehicle, AUV) „Abyss“, das den Meeresboden in etwa 1500 Meter Tiefe mit einem hochauflösenden Echolot kartieren soll. Dort unten liegt das Objekt der Begierde für die Wissenschaftler an Bord der „Meteor“. Unter Leitung des Hamburger Geochemikers Dr. Richard Seifert wollen sie ein Hydrothermalfeld am Mittelatlantischen Rücken untersuchen. 
Der untermeerische Gebirgszug zieht sich über viele Tausend Kilometer durch den Atlantik. Doch niemand weiß, wie es am Meeresboden genau aussieht. Das AUV „Abyss“ vom Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-Geomar) leistet also echte Pionierarbeit. Finden die Wissenschaftler mit seiner Hilfe eine viel versprechende Stelle für weitere Untersuchungen, geht das nächste Großgerät zu Wasser: der ferngesteuerte Tiefseeroboter (Remotely Operated Vehicle, ROV) „KIEL 6000“. Das kabelgeführte Gerät des IFM-Geomar liefert Live-Videoaufnahmen des gerade kartierten Meeresbodens. Schroffe Abhänge und nacktes Lavagestein deuten auf vulkanische Aktivität hin. Wenig später erfasst die Kamera mehrere Quadratmeter große Felder mit Muscheln, die sich an warmen Quellen angesiedelt haben. Über die Muscheln krabbeln Tiefseegarnelen und Krebse – eine Oase in der Tiefsee. Die Forscher sind begeistert.

„Die Genauigkeit der mit ‚Abysss‘ durchgeführten Kartierung ist außerordentlich hoch. Objekte mit einer Größe von einem Meter konnten noch aufgelöst werden“, erläutert „Abyss“-Teamleiter Dr. Klas Lackschewitz vom IFM-Geomar. „Genau solche Unterlagen fehlten uns bisher beim Einsatz von Tiefseerobotern wie dem ‚KIEL 6000′“, ergänzt der Leiter des ROV-Teams Dr. Friedrich Abegg. „Jetzt können wir unter Wasser viel Zeit sparen und unser Gerät deutlich schneller an die wirklich spannenden Untersuchungsobjekte heranführen.“ 

„Mit diesem ersten gemeinsamen Einsatz beider Tiefseegeräte haben wir gezeigt, wie effizient und leistungsfähig moderne Meeresforschung heute sein kann“, so IFM-Geomar-Direktor Prof. Dr. Peter Herzig. Und auch der stellvertretende Direktor, Prof. Dr. Colin Devey, freut sich: „Da sich beide Geräte gut ergänzen, lässt sich die teure Schiffzeit effizienter nutzen und wir bekommen dazu einen viel besseren, größeren und genaueren Datensatz aus dem Untersuchungsgebiet.“ Devey ist gleichzeitig Leiter des Schwerpunktprogramms „Vom Mantel zum Ozean“, in dessen Rahmen die „Meteor“-Expedition mit „KIEL 6000“ und „Abyss“ stattfand. Ziel der von Dr. Richard Seifert von der Universität Hamburg geleiteten Fahrt war unter anderem die Quantifizierung der Stoffflüsse aus hydrothermalen Systemen, den sogenannten Schwarzen Rauchern. Nach Abschluss der Forschungsarbeiten am Mittelatlantischen Rücken bestand „Abyss“ dann noch erfolgreich seinen Tiefseetest mit einer Tauchfahrt auf 6000 Meter. Die Entdeckung neuer Lebensräume auf unserem Planeten kann weitergehen

Weitere Infos: www.ifm-geomar.de