Lärm gefährdet Schweinswale

Der Naturschutzbund Deutschland (NABU), die Gesellschaft zur Rettung der Delphine (GRD) und die Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere (GSM) protestieren gegen die geplante vierwöchige Baugrunduntersuchung in einem etwa 40 Quadratkilometer großen Korridor zwischen den Inseln Fehmarn (D) und Lolland (DK). Wissenschaftler des dänischen Umweltforschungsinstituts NERI haben das Gebiet um den Fehmarnbelt erst vor Kurzem als ganzjährig wichtigen Schweinswal-Lebensraum identifiziert. Der Belt ist demnach eines der drei wichtigsten Schweinswalgebiete in Deutschland und erfüllt zudem eine zentrale Korridorfunktion zwischen den im Bestand stark zurückgehenden westlichen und dem fast ausgestorbenen östlichen Schweinswalvorkommen. Wird das Gebiet über einen langen Zeitraum erheblich mit Lärm belastet, geraten junge Schweinswalkälber in Gefahr.
Besonders betroffen sind die hier häufig nachgewiesenen Weibchen: „Gerade jetzt ist mit einer großen Zahl von Schweinswalkälbern zu rechnen, die besonders sensibel auf Lärm reagieren“, befürchtete Petra Deimer von der GSM. Das Forschungs- und Technologiezentrum Büsum FTZ hat im Fehmarnbelt für den August die im Jahresverlauf höchste Dichte von Schweinswalen festgestellt. „Ausgerechnet in dieser für das Überleben der Meeressäuger so wichtigen Zeit die lärmintensiven Untersuchungen zu genehmigen, zeigt einmal mehr, dass Wal- und Meeresschutz in Deutschland offensichtlich nur auf dem Papier existieren“, bedauerte Ulrich Karlowski, Diplom-Biologe von der GRD.
Die bei der Seismik-Kampagne eingesetzten Geräte, „Sparker“ genannt, schlagen dicht unter der Wasseroberfläche elektrische Funken und erzeugen dreimal in der Sekunde einen lauten Knall, der über den Wasserkörper in den Meeresboden eindringt. Sparker verursachen so Schallimpulse mit Spitzenwerten von 230 Dezibel – vergleichbar dem Lärm von Rammarbeiten an Offshore-Windparks. Aus dem reflektierten Schall wollen Geophysiker Informationen über die Schichtung des Untergrundes für den Brückenbau gewinnen. In Dänemark wurden noch in 21 Kilometer Entfernung bei derart lautem Rammen deutliche Verhaltensreaktionen von Schweinswalen beobachtet. NABU, GRD und GSM befürchten, dass die sensiblen Meeressäuger durch die massiven Schallemissionen geschädigt, zumindest aber für einen Monat aus ihrem angestammten, wichtigen Lebensraum vertrieben werden.
Die drei Verbände fordern von den Genehmigungsbehörden bei derart gravierenden Eingriffen in EU-Schutzgebiete frühzeitig eingebunden zu werden, statt davon nur aus der Presse zu erfahren. Durch die Arbeiten wird das FFH-Gebiet „Fehmarnbelt“, dessen wertgebende Art der Schweinswal ist, beeinträchtigt. In Meeresschutzgebieten sollten nach Ansicht von NABU, GRD und GSM grundsätzlich lärmintensive Eingriffe verboten werden. „Den Artenschutz rein wirtschaftlichen Interessen unterzuordnen ist unverantwortlich und dokumentiert die mangelnde Sensibilität der Planer“, kritisierte Olaf Tschimpke, NABU-Präsident. Tschimpke betonte, im weiteren Verfahren alle rechtlichen Mittel ausschöpfen zu wollen. Nach Auffassung der drei Verbände behindert die nach neuen Berechnungen mindestens 8 Milliarden Euro teure Brücke den auch für Schweinswale lebenswichtigen Wasseraustausch zwischen Nord und Ostsee, stellt ein enormes Risiko für die Schiffssicherheit in einem der sensibelsten Meeresgebiete der Erde dar und gefährdet zudem den Hotspot des Vogelzugs in Nordeuropa.
NABU, GSM und GRD fordern zudem vom Bundesumweltministerium, geeignete Richtlinien zu erarbeiten, die Meeresumwelt vor schädlichen Schallauswirkungen zu schützen. Neben der Seismik sind Meeressäugetiere durch Sprengung von Altmunition, Ramm- und Bauarbeiten im Rahmen der Errichtung von Offshore-Windparks, Lärmquellen von Öl- und Gasfördereinrichtungen sowie militärische Sonare zur U-Bootortung bedroht.