Leben unter Wasser – im Wildschütz entsteht ein UW-Habitat

Bei Leipzig Nord-Ost fährt man ab auf die B87 Richtung Eilenburg und dann weiter Richtung Torgau bis Mockrehna. Nur noch ein paar Kilometer sind es von hier nach Wildschütz. Am Ende der Ortsdurchfahrt biegt man nach ein paar hundert Metern rechts ab. Endstation Steinbruch. Hier wird gerade Europas einzige aktive Unterwasserstation – auch Habitat genannt – eingerichtet. Eine kleine Sensation, die aber bislang wenig Beachtung gefunden hat.

Hierzulande sind solche Unterwasser-Stationen heute fast unbekannt. Das war nicht immer so. Habitat – vom Lateinischen habitare/wohnen abgeleitet – dieser Begriff zielt darauf ab, dass hier gewohnt wird. Leben in der Tiefe, genau darum ging es in der Blütezeit dieser Technologie von Ende der 60er- bis Mitte der 80er-Jahre. Der Grundgedanke: Die Wissenschaftler waren nicht nur 30 Minuten vor Ort oder eine Stunde lang – sie blieben Tage oder Wochen. Beispiele dafür sind die „Conshelf“-Projekte von Cousteau, die „Sea Lab“-Habitate der US Navy. Auch Deutschland hatte die Unterwasserstation Helgoland, die heute im Nautineum in Stralsund steht.

Und nun, gibt es wieder Aussichten auf eine aktive Station in Deutschland. Die einzige in Europa und eins von weltweit nur drei aktiven Habitaten. Die beiden anderen „Aquarius“ und „Jules Undersea Lodge“ befinden sich beide im US-Bundesstaat Florida.

Das Projekt ist Teil des Lebenswerks von Volker Buder, Inhaber der Tauchbasis am Wildschütz. Die drei Komponenten des Systems befand sich zu DDR-Zeiten im Bergwitzsee. Dort  diente sie im Rahmen der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) zur Taucherausbildung. Vor etwa zehn Jahren wurde sie wieder an Land gebracht und aufwendig überholt.

Jetzt soll sie den Tauchern im Steinbruch Wildschütz als Unterschlupf während der Dekompression dienen. Der Steinbruch ist nämlich beliebter Anlaufpunkt für Tech-Taucher. Und noch einem anderen Zweck dient die Station: Tauchanzug-Hersteller Aquata wird die Anlage im Rahmen seiner Anzugtests nutzen. Darum sponsert die Berliner Firma auch den Transport der Anlage zur Einsatzstelle im flachen Uferbereich des Sees. Zwei der drei Einheiten wurden bereits am 26. April 2008 versenkt. Der dritte und größte Teil des Systems überforderte den verwendeten Kran jedoch. Ein neuer Anlauf am 11. August 2008 brachte den Erfolg: Deutschland hat wieder eine Unterwasserstation!

Was macht das Projekt für den Anzughersteller so attraktiv? Peter Fitschen, Vertriebsleiter von Aquata: „Wir werden die Tauchbasis Buder als Testcenter nutzen. Der Steinbruch Wildschütz ist das beste Tieftauchgewässer in der Region, nicht nur aufgrund seiner Tiefe von 74 Metern. Mit der UW-Station ist er auch aufgrund der besseren Atemgaslogistik, den Unterkünften und den taucherischen Möglichkeiten ausgezeichnet als Testgewässer geeignet.“ Auch die Nähe zu Berlin passt gut zum neuen Konzept von Aquata. Firmengründer Dr. Wolfgang Dressler: „Noch in diesem Jahr ist der Neubau eines weiteren Werks bei Berlin geplant. Geforscht und entwickelt wird dann nur noch in Deutschland.“ Schon bald werden alle drei Stationen verankert und mit den Versorgungseinrichtungen verbunden sein. Wir werden berichten und mittesten …

Wem das Wohnen unter Wasser noch etwas unheimlich ist, der kann sich in Stralsund desensibilisieren. Dort befindet sich im Nautineum, einem Teil des Deutschen Meeresmuseums, seit einigen Jahren das deutsche Forschungshabitat „Helgoland“.  Aber nicht nur deswegen lohnt ein Besuch, denn dort wurde vor einigen Wochen der dritte Bereich des Meeresmuseums, das Ozeaneum eröffnet – ein Museum der Unterwasserwelt, das mit modernsten Ausstellungskonzepten Kinder und Erwachsene anspricht.