Sind Seesterne Klimaretter?

Um ihre Schutzhüllen oder Skelette zu bilden, aber auch für verschiedene andere Prozesse, verbrauchen Echinodermata Kohlenstoff aus dem Meerwasser. Dieser Stamm, dessen Arten in allen Meeren vom Gezeitenbereich bis zur Tiefsee vertreten ist, wird in fünf Gruppen aufgeteilt: Seesterne, Seeigel, Schlangensterne, Seegurken und Seelilien. Bei der Kalkbildung nehmen sie Kalzium und Magnesium in unterschiedlichen Proportionen in ihre Körper auf. Ihre Skelette schließen somit eine bedeutende Menge von anorganischem Kohlenstoff ein, der aus der Atmosphäre ins Wasser gelangt. Diesen Kohlenstoff geben die Echinodermata an den Meeresboden ab, wenn sie sterben. Anders als der von Plankton oder Algen aufgenommene Stoff wird er also nicht in der Wassersäule remineralisiert. Eine neue Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift „Ecological Monographs“ erschienen ist, belegt erstmals den bedeutenden Einfluss von Echinodermata auf das organische wie anorganische Kohlenstoffbudget in den Ozeanen. Haupt-Autor und Leiter der Untersuchungen ist Mario Lebrato, Doktorand am Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR).

„Unsere Abhandlung verdeutlicht, dass wir erst wenig über die weitreichenden Kohlenstoffprozesse wissen, in die Kalk bildende Arten wie Echinodermata eingebunden sind. Damit deckt sie eine der größten Ungewissheiten im globalen Kalziumkarbonat-Haushalt auf. Uns ist es wichtig, dass der Beitrag des Benthos, also der am Meeresboden lebenden Organismen wie Echinodermata, auf den globalen Kohlenstoffkreislauf neu bewertet wird“, erklärt Mario Lebrato. „Modelle der so genannten ‚Biologischen Pumpe‘, die die Kohlendioxid-Aufnahme und Umsetzung durch Algen und Plankton beschreiben, sollten zukünftig auch die bodennah lebenden Organismen berücksichtigen. Schließlich verarbeiten sie mehr als eine Zehntel Gigatonne Kohlenstoff pro Jahr, was beispielsweise den Beitrag von Foraminiferen, den Kammerlingen, bei weitem übersteigt und nur knapp unter der Gesamtproduktion in der gesamten Wassersäule liegt. Wir müssen dringend mehr Wissen über die biochemischen Prozesse am Boden gewinnen, die ebenso bedeutend wie die Abläufe im freien Wasser sind.“

Genauso wichtig ist den Forschern, mehr über die Folgen der Ozeanversauerung – eine Konsequenz der extensiven Nutzung fossiler Energieträger – für Echinodermata und andere kalkbildende Arten zu erfahren. Erste Versuche lassen auf dramatische Auswirkungen schließen. Denn wenn der pH-Wert des Wassers sinkt, ist es für die Organismen schwieriger und schließlich sogar unmöglich, haltbare Kalkstrukturen aufzubauen. „Je mehr geforscht wird, desto häufiger treten widersprüchliche Trends auf, die es erschweren, den Prozess als Ganzes zu verstehen“, räumt Lebrato ein. „Echinodermata sind ein gutes Beispiel für eine Art, die unerwartete Muster zeigt und uns als Wissenschaftler herausfordert.“ Weitere Infos: www.ifm-geomar.de