Zu viel Beifang bei der Krabbenfischerei

Pro Kilogramm Speisekrabben landen im Extremfall bis zu neun Kilogramm anderer Meerestiere in den engmaschigen Netzen der Fischer. Diese zu einem großen Teil toten Tiere werden wieder über Bord geworfen. Eine heute veröffentlichte WWF-Studie zeigt, dass der Beifang mit dem Einsatz besserer Netze, der Schließung beifangintensiver Fangplätze sowie einer Verkleinerung der Fangflotte deutlich verringert werden kann. „Die enorme Verschwendung in der Krabbenfischerei ist unnötig und kostet viel Geld. Vor allem schädigt sie die Natur in der Nordsee und im Wattenmeer. Dabei liegen die Lösungen auf dem Tisch“, so Dr. Hans-Ulrich Rösner, Leiter des WWF-Wattenmeerbüros in Husum. Politik und Fischer müssten in einer gemeinsamen Anstrengung den Beifang drastisch verringern.  
Die Krabbenfischerei ist eine der umsatzstärksten Fischereien in der Nordsee. Sie erwirtschaftet jedes Jahr 70 bis 90 Millionen Euro. In den letzten Jahren verbuchten die Fischer Rekordanlandungen von bis zu 38 000 Tonnen. Die größten Fangnationen sind die Niederlande und Deutschland, sie teilen sich etwa 85 Prozent des Marktes.  
In der von Teilen der Flotte auch ganzjährig betriebenen Krabbenfischerei werden Baumkurren-Netze über den Meeresboden geschleppt. In deren engen Maschen verfängt sich fast alles, was dem Netz vor die Öffnung kommt. Hauptopfer des Beifangs sind junge, untermaßige Krabben. Sie machen bis zu zwei Drittel des unerwünschten Fanges aus. Betroffen sind auch weitere Meerestiere, darunter sehr viele junge Schollen, Seezungen, Wittlinge und Kabeljaue. Nach Berechnungen können durch deren unnötige Tötung zukünftige Fänge anderer Fischereien im Wert von bis zu 26 Millionen Euro im Jahr vernichtet werden.  
Als besonders wirkungsvolle Maßnahme gegen den Beifang fordert der WWF die Schließung von beifangintensiven Fanggebieten. „Wir dürfen nicht die Kinderstuben der Nordsee-Fische plündern“, so Rösner. Dänemark sei diesen Weg schon gegangen und habe die Krabbenfischerei im inneren Wattenmeer, wo die meisten der Jungfische gefangen werden, schon vor vielen Jahren untersagt. Die Krabbenfischerei sollte sich am Besten außerhalb des Wattenmeers in der dortigen 12-Seemeilen-Zone abspielen, so der WWF.

Auch der Einsatz moderner Netze, die den Beifang verringern, müsse forciert werden. Der WWF kritisiert, dass Deutschland, aber auch Belgien und die Niederlande ihren Fischern großzügige Ausnahmen beim Einsatz der von der EU vorgeschriebenen Trichternetze erlauben. Auf diese Weise umgebaute Krabbennetze ermöglichen es größeren Fischen, durch ein Fluchtfenster im Netz zu entkommen. „Ausgerechnet in der beifangreichsten Zeit im Sommer dürfen heimische Fischer Netze ohne diese Fluchtfenster einsetzen“, kritisiert Rösner und fordert ein zügiges Ende dieses Sonderweges.  
Eine mögliche Perspektive sieht der WWF in der noch in der Entwicklung befindlichen Elektro-Baumkurre. Durch elektrische Impulse werden dabei Krabben vom Meeresboden aufgeschreckt und schwimmen nach oben, während andere Meerestiere den Impuls meist ignorieren und am Grund verharren. So landen letztere erst gar nicht im Netz. Die Fischerei erzielt deutlich beifangärmere Krabbenfänge. Allerdings dürfe es erst zum Einsatz dieser derzeit noch nicht ausgereiften Technik kommen, wenn durch weitere Tests unerwünschte Nebeneffekte ausgeschlossen werden können.  
„Nur mit einem Mix an Maßnahmen können die enormen Beifänge in der Krabbenfischerei deutlich verringert werden. Die Politik muss den Fischern klare Vorgaben machen und zugleich den Umbau der Fischerei finanziell fördern. Die Fischer selbst müssen Maßnahmen unterstützen und umsetzen, die den Beifang verringern“, so Rösner. Weitere Infos: www.wwf.de