Korruptionsskandal bei der Walfangtagung

Die Tagung der Internationalen Walfangkommission (IWC) in Agadir beginnt mit einem Eklat: Der IWC-Vorsitzende Anthony Liverpool aus Antigua und Barbuda steht unter Korruptionsverdacht. Wie englische Reporter enthüllten, werden all seine Spesen von Japan bezahlt. Trotzdem soll Liverpool die Verhandlungen weiter leiten. Die Artenschutzorganisation Pro Wildlife bezeichnet dies als Skandal: „Wenn die IWC-Staaten diesen Vorsitzenden weiter dulden, dann dulden sie eine korrupte Walfangkommission. Die IWC verliert damit ihre Glaubwürdigkeit“, so Dr. Sandra Altherr. In den letzten 20 Jahren zahlte Japan Milliarden Dollar an Staaten der Karibik, des Pazifiks und Afrikas, die seither der IWC beitraten und Japans Walfanginteressen unterstützen.

Schmiergeld, Prostituierte und Drohungen
Die englische Sunday Times hatte den Stein ins Rollengebracht: Als Lobbyisten getarnt, boten Journalisten Regierungsvertretern mehrerer Länder Geld an, damit sie statt mit Japan künftig mit den Walschutzländern stimmen sollten. Diese zeigten sich kooperativ und berichteten vor versteckter Kamera, dass Japan ihnen Geld, Reisen und Prostituierte zur Verfügung gestellt hatte. Die Sunday Times deckte zudem auf, dass dem IWC-Vorsitzenden Anthony Liverpool, dem Botschafter aus Antigua und Barbuda, alle Spesen seines Aufenthaltes in einem Luxushotel in Agadir von Japan bezahlt wurden.

Glaubwürdigkeit der IWC steht auf dem Spiel
„Wenn Geld und Callgirls nicht reichen, wird gedroht. Kollegen aus Lateinamerika und der Karibik berichten, wie groß der Druck Japans auf ihre Regierungen ist“, berichtet Altherr von der Konferenz. Sie kennt die Praktiken aus eigenen Beobachtungen: „Ich selbst habe auf IWC-Tagungen schon Delegierte gesehen, die erst ihre Online-Kontoauszüge prüfen, bevor sie ihre Wortmeldungen im Sinne Japans machen.“ Auch andere IWC Teilnehmer überrascht der Stimmenkauf Japans nicht. Doch die Sunday Times konnte Japan erstmals die schmutzigen Geschäfte nachweisen. „Die IWC-Statuten fordern, dass jedes Land die Kosten für seine Teilnehmer selbst tragen muss. Die Enthüllungen hätten heute zum Rücktritt des IWC-Vorsitzenden führen müssen. Doch die aktuellen Verhandlungen um einen Walfangkompromiss sollen offenbar um keinen Preis gestört werden“, so Altherr. „In dieses Bild passt auch, dass die Verhandlungen heute und morgen hinter geschlossenen Türen stattfinden sollen – Verbände werden ausgeschlossen.“

Japan setzt Entwicklungsländer unter Druck
„Bis zu 33 IWC-Mitgliedsstaaten sind vermutlich an Japans Gängelband. Diese Länder haben ihre Souveränität verkauft“, betont die Pro Wildlife Sprecherin. Anfangs baute Japan vor allem seine „Kooperation“ mit karibischen Inselstaaten aus, die nacheinander der IWC beitraten: St. Lucia sowie St. Vincent und die Grenadinen (1981), Antigua und Barbuda (1982), Dominika sowie St. Kitts und Nevis (1992), Grenada (1993). Aber auch Senegal (1982) und die Salomonen (1993) wurden schnell Verbündete. Danach wurden Afrika und Inselstaaten im Pazifik Schwerpunkt der Einflussnahme: Guinea (2000), Marokko (2001), Benin, Gabun und Palau (2002), Belize und Mauretanien (2003), Elfenbeinküste, Mali, Surinam, Kiribati und Tuvalu (2004), Kamerun, Gambia, Togo und Nauru (2005), Marshall-Inseln (2006), Eritrea und Guinea-Bissau (2007), Republik Kongo und Tansania (2008), Ghana (2009).Auch asiatische Länder wie Mongolei (2002), Kambodscha (2006) und Laos (2007) gehören zu den Befürwortern des Walfangs.

In unserem Blog erfahrt ihr jeden Tag was in Agadir passiert. Nicolas Entrup von der WDCS ist live vor Ort und berichtet.